Es gibt in meiner Tätigkeit als Unternehmensberater, das gilt besonders bei der Krisenberatung, die ich – meine Kunden wissen das – mit Engagement ausübe, Momente, in denen ich mich ernsthaft verschaukelt fühle.
Entschuldigung, aber es ist zuweilen kaum zu ertragen. Auch bei der einen oder anderen Bank kommt das vor. Mit einem kaum hinnehmbaren Maß an Arroganz. Dann werden Zusagen nicht eingehalten und eigenmächtig Entscheidungen getroffen, die mit niemandem abgesprochen wurden.
So geschehen mit einem Kredit einer großen Deutschen Bank, welcher aus einem Programm der KfW Bankengruppe zur Verfügung gestellt war.
Von vorne: Die Krisenberatung Runder Tisch und ihre Herausforderungen
Die Krisenberatung Runder Tisch ist eine der anspruchsvollsten Unternehmensberatungen. Der Unternehmensberater muss dafür ein echter Idealist sein, denn bei dieser Form der Krisenberatung gibt es kein Honorar, und doch ist Ungewöhnliches zu leisten.
Bei einer Krisenberatung Runder Tisch steht dem Unternehmer meistens das sprichwörtliche Wasser bis zum Hals. Die Schulden drücken und Aufträge kommen gar nicht mehr oder nur unzureichend herein. Eine Insolvenz ist nicht mehr auszuschließen. Genau das gilt es mit der Krisenberatung zu verhindern, und zwar, wie der Name schon sagt, am „Runden Tisch“. Hier soll, so das Konzept der KfW, mit allen (!) Beteiligten ein realistischer Plan zur Entschuldung des Unternehmers erarbeitet werden, und das sowohl im Sinne des Schuldners als auch der Gläubiger.
Der konkrete Fall: Ein Unternehmen in der Krise
Ein Unternehmen, das ich aktuell bei der Krisenberatung Runder Tisch berate, ist eine Privatschule, die tief in der Krise steckt. Schulden auf allen Ebenen, eine prekäre Auftragslage, fehlende Einnahmen durch mangelhaftes Marketing und fehlende Konzepte. In Kürze können die Gehälter nicht mehr bezahlt werden. Mehr als 70 Menschen wären von einer Schließung betroffen. Das Konto bei der Hausbank ist überzogen und wurde schließlich gesperrt. Nur ein vernünftiges Entschuldungskonzept kann das Unternehmen retten.
Insgesamt gibt es vier große Gläubiger, deren jeweilige Forderungen sich auf fünfstellige, teilweise in Richtung sechsstelliger Beträge belaufen. Zusätzlich sind Gehaltszahlungen fällig. Eine enorme Herausforderung für die Krisenberatung Runder Tisch: Was kann hier unternommen werden?
1. Einen hoffnungsvollen Blick in die Zukunft werfen
Im Rahmen der Krisenberatung hielt ich mit den Schlüsselkräften am einen Workshop ab. Alle zogen mit. Es entstanden hervorragende Ansätze zur Geschäftsbelebung und -ausweitung. Wir erstellten einen realistischen Liquiditätsplan und einen Rentabilitätsplan (Gewinn- und Verlustrechnung). Der Unternehmer blickte seit langem zum ersten Mal wieder hoffnungsvoll in die Zukunft.
2. Eigenkapital bereitstellen
Das ist kein leichtes Unterfangen in der Krisenberatung Runder Tisch. Denn vor allen anderen muss der Unternehmer selbst einen Beitrag zur Entschuldung leisten und eigene finanzielle Mittel aufbringen. In diesem Fall veräußerte der Unternehmer eine Immobilie. Zunächst eine gute Voraussetzung für den Erfolg der Krisenberatung.
3. Mit den privaten Gläubigern in der Krisenberatung verhandeln
Es gab zwei private Gläubiger – einen aus Köln und einen aus Bonn. Gespräche mit Gläubigern sind in der Krisenberatung Runder Tisch wahrlich kein Vergnügen. Denn immerhin geht es darum, die Gläubiger davon zu überzeugen, dass sie auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten, wenn im Gegenzug die Restschulden umgehend beglichen werden können. Diese Verhandlungen zogen sich verständlicherweise über einen längeren Zeitraum hin. Zuletzt stimmten aber alle privaten Gläubiger dem Entschuldungskonzept zu.
4. Gespräche mit der Bank führen – die größte Herausforderung
Die Hausbank ist meistens der Schlüssel in der Krisenberatung. In diesem Fall war das (leider) eine große deutsche Bank. Zur Verteidigung der Bank muss allerdings vorangestellt werden, dass diese Bank mit dem Unternehmer in der Vergangenheit nicht immer gute Erfahrungen gemacht hatte. Der Unternehmer hatte Versprechungen nicht eingehalten, das Konto überzogen und zudem nicht gut mit der Bank kommuniziert.
Dennoch waren die Voraussetzungen günstig. Schließlich gab es ja eine positive Zukunftsperspektive. Der Unternehmer hatte durch den Verkauf einer Immobilie Liquidität geschaffen. Für den mit dieser Immobilie besicherten KfW-Kredit konnte eine andere, belastungsfreie Immobilie als Sicherheit zur Verfügung gestellt werden.
Allerdings begann nun die Dramatik der Krisenberatung.
a) Gespräch mit der Hausbank
Das Gespräch mit der Hausbank verlief anfänglich in frostiger Atmosphäre. Galt es doch zunächst die unerfreuliche Vergangenheit aufzuarbeiten. Zudem musste die Bank einer Umschuldung des KfW-Kredites zustimmen. Es gelang aber, die Gesprächspartner der Bank von dem Konzept zu überzeugen. Eine weitere, große Hürde in der Krisenberatung Runder Tisch war damit geschafft. Alles gut? Bei weitem nicht…
b) Die Hausbank macht einen Rückzieher
Tags darauf kam ein Anruf. Die Hausbank habe kein Interesse mehr an diesem Engagement. Die Bank stellte anheim, das gesamte Engagement einer anderen Bank zu übertragen. Welche Bank würde zu diesem Zeitpunkt in das Engagement einsteigen wollen? War das das Ende der Krisenberatung? War der Runde Tisch gescheitert? Der Unternehmer war nervlich am Ende, er schien suizidgefährdet. Doch zum Glück ergab sich eine Lösung…
c) Die regionale Bank zieht mit
Offenbar gibt es verschiedene Sichtweisen, auch bei den Banken. Eine namhafte Regionalbank erklärte sich bereit, alle Engagements zu übernehmen, inklusive des KfW-Darlehens und der Umstellung der Besicherung. Gerettet? Nein, weit gefehlt…
d) Die große deutsche Bank kassiert das Geld ein – einseitig
Mittlerweile wirkte der Notarvertrag der verkauften Immobilie und es geschah die Katastrophe. Das Geld aus dem Verkaufserlös floss auf das Konto bei der großen deutschen Bank. Diese kassierte das Geld ein und löste damit zweckentfremdend das KfW-Darlehen ab. Jetzt war alles zu spät, oder…?
e) Intervention bei der KfW
Es schien ganz so, als sei das Ende der Fahnenstange, Pardon, der Krisenberatung erreicht. Für mich heißt das weiterkämpfen! Auch wenn das natürlich eine völlig absurde Situation war: Über die KfW zur Krisenberatung am Runden Tisch bestellt und in äußerst schwieriger Situation erfolgreich, wurde mir genau aus dieser Richtung der Boden unter den Füßen weggezogen. Das kann nicht sein! Ich richtete umgehend ein Schreiben an die KfW. Diese wartete zunächst ab – wohl um die Hausbank zu kontaktieren. Und was jetzt?
f) Die Hausbank macht wieder eine Zusage und hält sie nicht ein
Nun habe ich die Leitung der Hausbank angeschrieben. Die Angelegenheit war mittlerweile dort beim Kreditmanagement gelandet. In einem Gespräch äußert man sich positiv, das KfW-Darlehen wieder zu aktivieren. Hurra! Doch kurz darauf lehnte die Bank alles wieder auf dem Schriftweg ab. Na toll! Gegen dieses Schreiben habe ich Einspruch auf höchster Ebene erhoben. Mittlerweile hatte die Regionalbank dort auch ihre Bereitschaft zur Übernahme der Engagements schriftlich hinterlegt.
Fazit: Krisenberatung heißt niemals aufgeben, immer weiterkämpfen und hoffen!
Wenn die Vorgeschichte nicht wäre, könnte ich mich freuen… So aber bleibt mir nur eines übrig: Weitermachen! Und das heißt: Unentgeltlich im Rahmen der Krisenberatung für ein sehr schwieriges Unterfangen eintreten, gegen den Strom und gegen die Macht einer überheblichen deutschen Großbank kämpfen, mich mit der mangelnden Kommunikationsfähigkeit des Kunden abfinden und hoffen, hoffen, hoffen.
Was für mich dabei zählt und mich motiviert? Ganz einfach: die existenzielle Zukunft von mehr als 70 Menschen, die von diesem Unternehmen abhängig sind. Das ist für mich Grund genug, nicht aufzugeben.
(Foto: © ArTo – Fotolia | © pressmaster Fotolia | © Pixel – Fotolia | © NatalyArt – Fotolia | © James Steidl – Fotolia)
Einer von vielen packend geschriebenen Artikeln in diesem blog.
Ich drücke der Privatschule die Daumen, dass es dort jemanden geben wird, der rechtzeitig „im Kaufmännischen“ mal nach dem Rechten sieht, damit der Erfolg auch langfristig erhalten bleibt.
Fazit: Regionalpartner sind zwar kleiner als die „großen Blauen“, aber es sind persönlicher Einsatz und Flexibilität, die im Ernstfall zählen.
Toller Artikel. Man fühlt richtig mit.