Finanzplanung ist der Prozess der Erstellung eines Finanzplans eines Unternehmens (Staates oder Privathaushalts). Das primäre Ziel der Finanzplanung besteht in der Kapitalbedarfsplanung und der Liquiditätsplanung. (Wikipedia)
Finanzplanung – nur sinnvoll, wenn der Unternehmer sie ernst nimmt
Die einen bezeichnen sie als „zwingendes Instrument zur betrieblichen Liquiditätsplanung“ (‚geldprofi‘). Die anderen glauben, sie sei das Papier nicht wert, auf dem sie erstellt wird. Die Rede ist von der Finanzplanung in einem Unternehmen. Was bringt sie? Und was nicht? Und sollte man überhaupt damit anfangen, wenn man sie nicht ernst nimmt?
Fakt ist: Die Finanzplanung ist eines der wichtigsten unternehmerischen Werkzeuge, und zwar in einem etablierten Unternehmen und erst recht bei einer Neugründung. Denn hier kalkulieren Gründer ebenso wie gestandene Unternehmer Preise und Kosten, planen den Absatz von Produkten und Dienstleistungen und verschaffen sich Gewissheit darüber, ob ihr Geschäftskonzept in der Gegenwart und Zukunft tragfähig ist.
Ein betriebliches Budget gibt zuverlässig Auskunft über die künftigen Zahlungseingänge und -abflüsse in einem Unternehmen, und zwar kurz-, mittel- und langfristig. Nur mit einer konsequenten Finanzplanung kann man Liquiditätsströme sichtbar machen und Risiken ebenso wie unternehmerische Möglichkeiten frühzeitig erkennen. Allerdings ist, wie Mathias Härchen, stellvertretender Geschäftsführer der IHK Köln, betont,
„ein Businessplan und eine Finanzplanung nur so viel wert, wie der Existenzgründer oder Unternehmer ihn ernst nimmt und gewissenhaft erstellt.“
Natürlich könne man, so Härchen, auch mit einer Finanzplanung immer mal falsch liegen, aber „das Risiko der Fehlkalkulation lässt sich wenigstens reduzieren und ist meist deutlich geringer.“
Finanzplan – Anlass für ein Streitgespräch
Ein Streitgespräch über Businessplan und Finanzplanung, das ich kürzlich mit einem Gründer führte, veranlasst mich, dieses Thema noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Mein Gesprächspartner: ein echter Fachmann, ein gestandener Volkswirt, der sich vor seiner Selbständigkeit viele Jahre mit Finanzplänen und Liquiditätsberechnungen beschäftigt hatte.
Dieser Gründer meinte, dass es sinnlos sei, eine Tabelle mit hypothetischen Zahlen zu füllen, um daraus die geschäftliche Entwicklung seines Unternehmens abzuleiten. Dennoch hatte er es zu Beginn der Geschäftstätigkeit getan, und nun wichen die Zahlen erheblich von der vor einem Jahr erstellten Zahlenwerk ab. Als sein Gründungs- und Unternehmensberater schlug ich vor, das Budget dahingehend zu aktualisieren. Der Unternehmer lehnte energisch ab: „Die Finanzplanung in einem Businessplan ist das Papier nicht wert, auf dem sie erstellt wird.“
Ein Blick in die Glaskugel?
Jugendlicher Leichtsinn? Oder ist da was dran? Ich betone noch einmal, dass es sich bei jenem Gründer nicht um jemanden handelt, der mit Zahlen nichts am Hut hat, das Gegenteil ist der Fall. Und mit seiner Meinung zur Finanzplanung steht er nicht alleine da.
Schon vor Jahren hatte sich mein eigener Bruder ähnlich geäußert. Er führte über Jahrzehnte eine bedeutende Steuerkanzlei in Köln und ist demnach auch nicht gerade ein „Greenhorn“ in Sachen Zahlen und Finanzplanung. Allerdings betonte er, dass eine Zukunftsplanung mit Zahlen, Daten und Fakten sehr wohl notwendig sei, um überhaupt erkennen zu können, ob ein Geschäft tragfähig ist oder nicht. Nur würden diese Zahlen eben in der Regel nicht eintreten und es sei daher fraglich, ob die Finanzplanung langfristig die viele Arbeit wert sei.
Eine ähnliche Ansicht vertrat dann auch der oben genannte Gründer. Sicher, so sein Credo, sei es sinnvoll, sich zu Beginn eines Geschäfts in Form eines Businessplans Klarheit darüber zu verschaffen, ob man mit einem Produkt oder einer Dienstleistung Gewinne erzielen kann, das Geschäft also prinzipiell zukunftsfähig sei oder nicht. Eine langfristige Finanzplanung hingegen, womöglich über drei oder fünf Jahre und herunter gebrochen auf einzelne Monate, sei, so seine langjährige Erfahrung, reine Zeitverschwendung. Und gerade Existenzgründer, so führte er weiter aus, könnten aufgrund mangelnder Erfahrung in der Branche sowie im Marketing und Vertrieb ihr Geschäft gar nicht langfristig vorhersehen. Es seien schließlich die Märkte und Kunden, die die Einnahmen bestimmen, und diese könne man – wenn überhaupt – höchstens für ein Geschäft mit bestehenden Kunden prognostizieren. Für Existenzgründer sei eine solche Planung ein Blick in die Glaskugel.
Klingt eigentlich ganz einleuchtend, oder? Und es würde die Sache ja erheblich vereinfachen – für Existenzgründer ebenso wie für gestandene Unternehmer – wenn ein Finanzplan gar nicht erst erstellt werden müsste. All die Zahlen, die da stehen, und doch nie eintreffen. Wozu das alles?
Vom richtigen Zahlenwerk hängt die Zukunft ab
Viele Argumente sprechen, insbesondere bei Existenzgründern, für einen Finanzplan, denn von ihm hängt die unternehmerische – und damit auch die persönliche – Zukunft ab. Gerade bei der Gründung ist es wichtig, dass sich der Unternehmer vorab mit seinem Markt und den zu erwartenden Zahlen intensiv auseinandersetzt. Dann nämlich wird er sein Geschäft durchdenken und strukturieren und es rechtzeitig merken, wenn mit seinem Gründungsvorhaben kein Blumentopf (und erst recht kein Kunde) zu gewinnen ist. Soweit gehe ich also mit den „Planverweigerern“ konform.
Zahlungsfähigkeit sichern und die Bank überzeugen
Was die Gegner der Finanzplanung aber gerne vergessen: Ein Finanzplan soll vor allem die Ergebnissituation sowie die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens sichern. Denn wenn ein Unternehmen seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann, ist es von der Insolvenz bedroht. Mit dem Finanzplan stellt man tatsächliche und zu erwartende Einnahmen und Ausgaben gegenüber. So kann man Liquiditätslücken frühzeitig erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen.
Außerdem – und hier zeigt sich der zusätzliche praktische Wert des Planens – ist die Finanzplanung, die ein Existenzgründer im Rahmen seines Businessplans erstellt, eine wichtige Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Fördergeldern oder für die Gewährung eines Kredits bei zukunftssichernden Investitionen. Oder können Sie sich vorstellen, dass Ihre Bank Ihnen ein Darlehen allein deshalb gewährt, weil Sie so überzeugend auftreten und so sympathisch sind? Nein? Eben!
Zeit ist Geld
Dass es ein wenig Zeit kostet, einen fundierten Businessplan und eine sinnvolle Finanzplanung auf die Füße zu stellen, bleibt unbestritten. Doch „wer sich diese Zeit nicht nimmt, ist selbst Schuld und kann böse Überraschungen erleben“, meint die Gründerin Kerstin Strohn aus Köln von Friese 75 – 2nd-hand-cologne. „Kennzahlen der Finanzplanung sind ein wesentliches Instrument, um ein junges Unternehmen steuern zu können“, so die junge Unternehmerin, die dringend davon abrät, ein Unternehmen zu gründen, ohne sich vorher mit den Zahlen beschäftigt zu haben. Ihr Ratschlag an alle, die meinen, sie kämen ohne Planung davon:
„Durch die Planung werden auch dem BWL-Amateur alle zukünftigen Kosten bewusst, und zwar für die kommenden Jahre. Wer in diesem Stadium seine Einnahmen nicht halbwegs realistisch einschätzen kann, sollte sich dringend noch eine Weile länger mit seinem zukünftigen Business beschäftigen.“
Nur ein strukturierter Businessplan führt zum Gewinn
Der Finanzplan schafft zudem eine Grundlage für die Planung der Einnahmen auf der Basis der Absatzplanung. Damit kann der Existenzgründer nicht nur seinen zu erwartenden Umsatz ermitteln, sondern auch erkennen, wir viel Geld ihm für Marketing und Vertrieb zur Verfügung steht. Denn mit einem guten und wohl durchdachten Marketingplan und Vertriebsplan werden auch wiederum der Absatz und damit der Umsatz gefördert.
Finanzplan – Hand in Hand mit dem Marketing
Genau das ist auch die Meinung von Lars Strempel, Gründer und Inhaber der Gummersbacher Kreativagentur BRANDIDEE. Für ihn geht der Finanzplan immer Hand in Hand mit dem Marketing:
„Nur ein gut strukturierter Finanzplan in Kombination mit dem richtigen Marketing und Vertrieb kann Begehrlichkeit in einem Produkt erzeugen, damit dieses gewinnbringend verkauft werden kann.“
Und er geht noch einen Schritt weiter: „Der Markt und die Kunden bestimmen die Annahme des Produktes oder der Dienstleistung, nicht aber den Preis. Wenn ein Existenzgründer seine finanzielle Struktur nicht in einem Finanzplan darstellt, kann auch der benötigte Gewinn nicht in dem Preis kalkuliert werden.“ Jedem Existenzgründer, jedem kleinen und mittleren Unternehmen empfiehlt Strempel daher, „einen grundlegenden Finanzplan anzulegen und diesen regelmäßig zu überprüfen.“
Erfolgreiche Firmen setzen auf Finanzplanung
Und wie ist es nun bei den „alten Hasen“? Nun, wenn auch in alteingesessenen Betrieben die Finanzplanung für den Papierkorb erstellt wird, dann liegt das vermutlich nicht an der Sinnlosigkeit solcher Pläne. Vielmehr scheint in diesem Fall die Firmenleitung die Planung nicht ernst zu nehmen. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Erfolgreiche Unternehmen verfügen über eine ausgeklügelte Planungs- und Verfolgungssystematik. Die Entwicklung einer laufenden Finanzplanung zu einer Unternehmenskultur ist ein wichtiges Element erfolgreicher Firmen. Oder wie es der IHK-Mann Härchen zusammenfasst: „Businessplan und Finanzplanung sind nur so viel wert, wie der Existenzgründer oder Unternehmer die Planung ernst nimmt.“
Mit der Finanzplanung Risiken erkennen – und Chancen nicht übersehen
Auch Mathias Härchen weiß aus seiner langjährigen Tätigkeit, dass „die Finanzplanungen zweifelsfrei schwierig sind, besonders für Existenzgründer, die noch über keine oder wenig Erfahrung verfügen“, dennoch vergleicht er den Weg eines Unternehmens gerne mit einem Auto auf unbekannter Strecke: „Wenn ich nicht vorher wenigstens versuche, mir eine Strecke zurechtzulegen, weiß ich nicht, ob ich den richtigen Weg fahre … oder merke erst in der Sackgasse, dass ich falsch gefahren bin. Ähnlich ist es bei der Gründung: Ich muss zumindest versuchen, mir eine finanzielle Planung auszuarbeiten, innerhalb derer ich vermutlich auf dem richtigen Weg zu einer tragfähigen Selbständigkeit bin.“ Außerdem, so Härchen weiter, könne es bei einer langfristigen Planung ja auch positive Abweichungen geben: „Auch auf Chancen bezogen kann die Planung nützlich sein. „Positive Abweichungen von der Planung könnten nämlich bedeuten, dass es ein Geschäftsfeld gibt, das stärker ist, als es der Gründer selbst zunächst angenommen hat. Lohnt es sich möglicherweise, sich noch mehr darauf zu konzentrieren?“
Fazit:
Einigkeit scheint zumindest darüber zu bestehen, dass ein Businessplan und ein Finanzplan zu Beginn eines Geschäfts eine sinnvolle Einrichtung ist. Nur so kann ein Gründer erfahren, ob sich sein Geschäft trägt oder nicht, ob er also grundsätzlich eine Chance hat, davon leben zu können. Dabei geht es um Existenzsicherung und Durchführbarkeit. Uneinig sind sich aber die Befürworter und Gegner von langfristigen Finanzplänen. Mögen jedoch die Zahlen eintreffen oder nicht, es kann nur von Vorteil sein, wenn man genaue Kenntnis von den Zahlungsströmen in seinem Unternehmen hat – sei es für die Absatzplanung, die Liquiditätssicherung oder den Marketing- und Vertriebsplan, der damit einhergeht.
Überraschungen, Fehlentscheidungen und Zahlen, die sich nicht (ganz) bewahrheiten, wird es immer geben. Und viele Fragen zu den finanziellen Verhältnissen und Handlungsweisen könnte man vielleicht auch nach Gefühl entscheiden, „besser wäre es aber, so Mathias Härchen, „man könnte die Richtigkeit des Gefühls überprüfen und belegen.“
Danke
Herzlichen Dank an Mathias Härchen, stellvertretender Geschäftsführer der IHK Köln. Herzlichen Dank an Lars Strempel, Inhaber von BRANDIDEE in Gummersbach. Herzlichen Dank an Kerstin Strohn, Friese 75 – 2nd-hand-cologne aus Köln in der Friesenstraße. Für ihre persönlichen Einschätzungen zum Thema Finanzplanung, die ich auszugsweise in diesem Artikel wiedergegeben habe.
Die vollständigen Kommentare dieser drei Gesprächspartner können Sie hier lesen. Klicken Sie dazu einfach auf den grünen Pfel rechts neben dem jeweiligen Namen.
Mathias Härchen, stellvertretender Geschäftsführer der IHK Köln:
„Businessplan und Finanzplanung sind nur so viel wert, wie der Existenzgründer oder Unternehmer die Planung ernst nimmt.“
Lars Strempel,
BRANDIDEE in Gummersbach:
„Eine Finanzplanung gibt Sicherheit und zeigt klar und deutlich, welcher Umsatz erzielt werden muss, um das Unternehmen langfristig am Laufen zu halten.“
Kerstin Strohn,
Friese 75 Köln – 2nd-hand-cologne:
„Kennzahlen der Finanzplanung sind ein wesentliches Instrument, um ein junges Unternehmen steuern zu können.“
(Foto: © mirpic – Fotolia | © MariusdeGraf – Fotolia | © NatalyArt – Fotolia | © Andrzej – Fotolia | © Thomas R. Fotolia | Download buttom iStock)