Gastbeitrag von Daniela Schulte, Schulte Unternehmensberatung
Auch in Zeiten guter Wirtschaftslage geraten Unternehmen in die Krise. Nicht immer gelingt es dem Management, noch rechtzeitig die Kurve zu bekommen und wieder auf die Erfolgsspur zu wechseln. Wann sollte die interne und externe Krisenkommunikation beginnen? Wie sollte die Krisenkommunikation ablaufen?
Krisenkommunikation am Beispiel des Dienstleisters
Shop mit web_3.0 GmbH:
Thorsten F., charismatischer Geschäftsführer der Firma Shop mit web_3.0 GmbH, steht kurz vor der Insolvenzanmeldung. Die Probleme hat er bereits vor einigen Monaten erkannt und sich externe Hilfe gesucht. Auch die Mitarbeiter hatten große Hoffnungen in die externe Unterstützung gesetzt. Mit den Analyseergebnissen hat er sich allerdings nicht beschäftigt, so dass keine Umsetzung erfolgen konnte. In den letzten Wochen versuchte Thorsten F., durch stärkeren Fokus auf den Vertrieb das Ruder noch herum zu reißen, aber die Außenstände waren zu hoch geworden, Pfändungen häuften sich und Löcher konnten nur immer kurzfristiger gestopft werden. Nun sind wieder die Löhne der 20 Mitarbeiter sowie Lieferantenrechnungen für Hardware fällig und können nicht bezahlt werden. Am Tag vor der Insolvenzanmeldung entschließt er sich zur akuten Krisenkommunikation an die Mitarbeiter. Eine Vorbereitung der Krisenkommunikation findet kaum statt. Die Gesprächsleitung überlässt er den vor einigen Monaten hinzugezogenen Beratern, für ein persönliches Gespräch steht er hinterher nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. Nach Insolvenzanmeldung reduziert sich sein Einsatz weiter. Kunden und Lieferanten werden in die Krisenkommunikation nicht einbezogen, nur die Hausbank wird über die Situation informiert. Einen Ansprechpartner für die Mitarbeiter gibt es erst wieder nach über einer Woche mit Eintreffen des Insolvenzverwalters.
Sanierungs- und Restrukturierungsprojekte legen den Fokus in der Regel auf die Zahlenseite – oberstes Ziel muss es sein, zahlungsfähig zu bleiben. Allerdings sind die Zahlen immer nur die halbe Wahrheit. Führungs- und Organisationsstruktur und die Sorgen wie die Fähigkeiten der Mitarbeiter sind weiche Faktoren, die für ein erfolgreiches Krisenmanagement und Sanierung eines Unternehmens unerlässlich sind. In diesen Bereich fällt auch die Krisenkommunikation. Am Ende entscheiden immer Menschen, ob sie den im Rahmen der Krisenkommunikation vorgestellten Kurs mittragen wollen/können oder ob sie sich abwenden und damit auch der Sanierung keine Chance geben.
Krisenkommunikation wird von vielen Unternehmern als „Zu-Spät“-Politik betrieben. Oder sie betreiben lieber gar keine Krisenkommunikation. Beides ist keine Lösung. Verschiedene Instanzen sollten in die Krisenkommunikation eingebunden werden und können dazu beitragen, Zweifler von einem Sanierungsversuch zu überzeugen.
- Es braucht den rechtzeitigen Dialog mit den Mitarbeitern – es gibt kaum ein besseres Frühwarnsystem, auch weil die Mitarbeiter den häufigsten und engsten Kundenkontakt haben. Egal ob über das Telefon oder beim persönlichen Besuch des Vertriebs. Nicht zu unterschätzen bei den Mitarbeitern ist auch das Thema „Flurfunk“. Ist die interne Krisenkommunikation unzureichend, können Restrukturierungsbemühungen Resignation, schlechte Stimmung oder massives gegenseitiges Misstrauen hervorrufen. Das Betriebsklima verschlechtert sich drastisch und belastet die ohnehin schwierige Unternehmenssituation weiter.
- Der rechtzeitige Dialog mit dem Markt hätte das Vertrauen in das Unternehmen und die Produkte stärken können – dies betrifft Kunden, Lieferanten, finanzierende Banken – noch vor der eigentlichen Krisenkommunikation mit der Suche nach Lösungen z. B. für aktuelle Liquiditätsengpässe oder temporäre Qualitätsprobleme.
Krisenkommunikation darf dabei nicht mit Beschwichtigungstaktik gleich gesetzt werden. Die Rückmeldungen aus den Dialogen müssen ernst genommen und angepackt werden. Es muss sichtbar etwas in Bewegung gesetzt und nicht nur geredet werden. Der Unternehmer darf außerdem eines nicht tun: Krisenkommunikation delegieren. Ganz klar: Krisenkommunikation ist Chefsache und eine Führungsaufgabe!
Natürlich ist es hilfreich, sich (möglichst frühzeitig) externe Unterstützung bei der Krisenkommunikation und –aufbereitung ins Haus zu holen. Die Verantwortung und Krisenkommunikation selbst muss aber beim Unternehmer verbleiben, damit er vor den Mitarbeitern und seinen Geschäftspartnern glaubwürdig bleibt. Und das nicht nur als einmaliges kleines Flämmchen, sondern kontinuierlich. Wegducken gilt nicht, wenn es um Krisenkommunikation geht!
Zum Abschluss nochmals ein Blick auf das Beispiel: Die Krisenkommunikation im Beispiel hat die Mitarbeiter und Geschäftspartner nicht mitgenommen, sondern vor vollendete Tatsachen gestellt. Dabei gab es genügend Warnhinweise in den Wochen vorher, aber der Geschäftsführer wollte sich mit den kritischen Wahrnehmungen nicht beschäftigen und hat außerhalb der Vertriebsaktivitäten die Probleme verdrängt und seine Führungsverantwortung ignoriert. Sonst wäre vielleicht die Insolvenz abwendbar gewesen.
(Fotos: © ClipArt | © Daniela Schulte)
Daniela Schulte
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