Vertrieb: Wie wird eine Auftragsverhandlung geführt?

Die Auftragsverhandlung: Teil 8 der Serie “Vertrieb in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU)“

Die Auftragsverhandlung (Vergabeverhandlung) taktisch gut und erfolgreich führen!

Narren in der UnternehmensberatungDer Weg bis zur erfolgreichen Akquise eines Neukunden ist oftmals sehr lang und von Rückschlägen und Absagen gesäumt. Jeder gute Vertriebsmitarbeiter muss daher ein hohes Maß an Frustrationstoleranz mitbringen und imstande sein, sich trotz der erlebten Enttäuschungen, Fehlschlägen und Niederlagen immer wieder aufs Neue selbst zu motivieren. Am besten gelingt das dem Vertriebler durch sowohl zurückliegende als auch in einem aktuellen Projekt erzielte (Teil-)Erfolge: Gewinnung neuer Interessenten, erfolgreiche Kundengespräche oder die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots.

Die hoffentlich auf das Angebot folgende Einladung zur Auftragsverhandlung stellt natürlich das angestrebte Ziel – den Auftrag – und gleichzeitig das Ende eines langen Vertriebsprozesses dar. Ein Scheitern auf dieser Stufe bedeutet daher nicht nur, dass alle zuvor geleisteten Mühen und Kosten vergebens waren, sondern unter Umständen sogar den Verlust eines potenziellen Neukunden an einen Mitbewerber. Es gilt daher, in der anstehenden Auftragsverhandlung noch einmal über sich hinaus zu wachsen und alles zu geben. Doch was muss dabei beachtet werden? Hierauf möchte ich Ihnen nachfolgend einige Antworten geben.

Kernfragen bei Auftragsverhandlung

Bei der Auftragsverhandlung stehen technische Details zum Produkt meist nicht mehr im Vordergrund, da diese bereits im Vorfeld abgehandelt wurden. Sie können sich daher bei Ihren Vorbereitungen auf das finale Gespräch voll und ganz auf die folgenden Fragen konzentrieren, die bei dem Treffen eine zentrale Rolle spielen (können):

  • Wer nimmt an der Auftragsverhandlung teil?
  • Sind Nachbesserungen Ihres Angebots erforderlich?
  • Wer sind Ihre Mitbewerber?
  • In welcher Reihenfolge wird mit den Bietern verhandelt?

Haben Sie den Mut, Ihren Gesprächspartnern diese Fragen zu stellen – Sie können nur gewinnen. So signalisiert Ihnen beispielsweise ein letzter Platz in der Reihenfolge der Auftragsverhandlung erfahrungsgemäß die höchsten Auftragschancen. Um diesen zu erhalten, müssen sie aber – und das gilt für die gesamte Vergabephase und ist wichtiger als bei allen vorherigen Bemühungen – geschickt taktieren. Überzeugen Sie ihren angehenden Kunden davon, dass Sie den begehrten letzten Platz unbedingt haben müssen. Seien Sie dabei couragiert, einfallsreich, durchschlagend – und kämpfen Sie bei Bedarf mit harten Bandagen. Aus eigener, jahrzehntelanger Praxis im Vertrieb in Köln, Essen, Dortmund und Karlsruhe kann ich Ihnen fest versichern: Ihre Mitbewerber werden sich nicht scheuen, auch am Rande der Legalität zu agieren, um Ihnen Ihren fast schon sicher geglaubten Kunden noch abspenstig zu machen.

Wichtigste Punkte der Verhandlungsstrategie einer Auftragsverhandlung

Sobald Sie das Umfeld abgecheckt und die genannten Informationen aus Gesprächen mit den Geschäftspartnern beschafft haben, sollten Sie sich eine passende Strategie zur Auftragsverhandlung überlegen. Dabei gilt es, diese Punkte vor der Auftragsverhandlung so gut wie möglich zu beleuchten:

  • Was wissen Sie über den Wettbewerb?
  • Was weiß der Wettbewerb über Sie?
  • Wie wird sich der Wettbewerb verhalten?
  • Welche Gegenstrategien wird der Wettbewerb entwickeln und wie gehen Sie damit um?

Stellen Sie sich zum Abschluss dieses Sondierungsprozesses noch die folgende, nicht leicht zu beantwortende aber enorm hilfreiche Frage: Was glaubt der Wettbewerb, wie Sie denken, dass er denkt?

Zugegeben, das hört sich alles recht theoretisch an. Sobald Sie sich aber mit den Fragen eingehender befassen, offenbart sich Ihnen umgehend ihr Praxisbezug und sie werden sich optimal auf auf die Auftragsverhandlung vorbereiten können.

Schlüssel zum Erfolg: Gutes Zuhören

Allerdings sollten Sie dann eine wichtige Regel nicht vergessen, die Sie schon beim ersten persönlichen Treffen mit dem Kunden befolgt haben (sollten): Lassen Sie ihn reden und hören sie zunächst nur zu! Denn: Der Kunde führt die Auftragsverhandlung. Das soll aber natürlich nicht heißen, dass Sie nicht an den passenden oder erforderlichen Stellen nachhaken und Fragen formulieren können.

Hören Sie auch besonders genau hin, wenn sich die verschiedenen Mitarbeiter auf Kundenseite untereinander austauschen. Versuchen Sie, die unterschiedlichen Nuancen der jeweiligen Aussagen zu erfassen. Je nach Kontext können Sie daraus ableiten, in welche Richtung Sie das Gespräch drehen, wie Sie argumentieren, welche (unterschwelligen) Vorbehalte Sie noch ausräumen müssen, um an Ihr Ziel zu gelangen.

Auftragsverhandlung: Diese Punkte müssen Sie beachten

Nachfolgend habe ich Ihnen zur Orientierung eine Liste mit den wichtigsten Punkten erstellt, die in der Auftragsverhandlung in der vorgegebenen Reihenfolge unbedingt abgearbeitet werden sollten:

1. Letzte Klärungen zur Technik beziehungsweise zum Leistungsumfang und zu den Schnittstellen des Auftrages. Achtung: Dieser Punkt kann Kostenveränderungen zur Folge haben.
2. Klärung der kaufmännischen Konditionen, die unter anderem Folgende sein können:

  • Liefertermine
  • Gewährleistungen
  • Haftung
  • Gefahrenübergänge
  • Abnahmen
  • Lieferbedingungen (AGB)

3. Vereinbarungen zur Zahlungsweise: Wann sind welche Raten fällig?
4. Überlegungen zu Preisbindungen: Bei langfristigen Geschäften kann es sein, dass Preisanpassungen über die Laufzeit erforderlich werden.
5. Erst wenn all diese kaufmännischen und technischen Details geklärt sind, lassen Sie die sprichwörtliche Katze aus dem Sack und kommen zur Preisvereinbarung.

In komplizierten Fällen kann es Ihnen hierbei allerdings passieren, dass Sie und Ihr Team um eine „Auszeit“ bitten und die Auftragsverhandlung unterbrechen müssen. Das ist oft dann der Fall, wenn neue Gegebenheiten sowie Ihre zuletzt getätigten Aussagen zum Preis und zu eventuell zuvor noch offen gebliebenen Punkten intern (nochmals) besprochen werden müssen. Sie können – und sollten – diese Pause auch dazu nutzen, um gemeinsam mit Ihren Kollegen die Verhandlungsstrategie auf Basis der neuesten vorliegenden Fakten zu diskutieren und gegebenenfalls anzupassen.

Sind von beiden Seiten alle Fragen beantwortet, erteilt der Kunde entweder sofort den Auftrag – oder er benötigt noch eine „Denkphase“. Im letzteren Fall sollten Sie nicht zögern, zum Abschluss der Auftragsverhandlung diese Frage zu stellen: „Wie geht es jetzt weiter?“

Und ich wünsche Ihnen zum Abschluss dieses Kapitels recht viel Erfolg!

Anmerkung:
Die Serie „Vertrieb in kleinen und mittleren Unternehmen“ entsteht schrittweise. Sie enthält folgende Artikel:

Vertrieb in kleinen und mittleren Unternehmen

  1. CRM – Das Wissen um den Kunden (Kundendaten und Adressen)
  2. Adressenqualifikation
  3. Telefonakquise: Erstkontakt zum richtigen Mitarbeiter beim Kunden
  4. Folgekontakte zum Ansprechpartner
  5. Persönliches Treffen beim Kunden
  6. Nachfassen
  7. Angebot
  8. Auftragsverhandlung
  9. Auftrag
  10. Nachtrag: Bestandskunden- oder Neukundenakquise?

(Foto: Cartoon: Henning Studte – www.studte-cartoon.de)


Kommentare

Eine Antwort zu „Vertrieb: Wie wird eine Auftragsverhandlung geführt?“

  1. Hallo H. Schuster!
    Wunschgemäss noch einmal meine kleine Anekdote:
    —————————————————————————————
    zu diesem Thema eine kleine Anekdote: ich hatte bei einem wichtigen Kunden ein Erstgespräch. Beim Chef persönlich. Ich trat ein….er erlaubte mich zu setzen. Dieser wichtige Mann stöberte minutenlang in seinen Unterlagen. Ich sagte kein Wort aber in dieser Zeit verinnerlichte ich alle Gegebenheiten in seinem Büro. Er checkte mich aber noch besser.
    Er klappte seine Mappe zu und sagte zu mir: noch Niemand hat mein Stillschweigen so lange ausgehalten wie Sie Herr Früsmer…..dann können wir ja mit unseren Verhandlungen beginnen.
    Der Name dieses Mannes…….Gerlach……eines der führenden Bürohäuser in Köln.
    Aus Minuten entstand eine beiderseitige vertrauensvolle Zusammenarbeit.
    Ich brauchte mich für Besuche in seinem Hause niemals mehr anzumelden. Aufträge wurden von diesem Mann erteilt, weil er wusste, dass auch seine Mitarbeiter betreut wurden, die letztendlich für den Vertrieb verantwortlich waren.

    Fazit: beiderseitiges Vertrauen schafft Umsatz, aber man darf dieses Vertrauen nie enttäuschen!

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