Teil 1: Die verschiedenen Krisenstadien
Gastbeitrag von Daniela Schulte, Schulte Unternehmensberatung
Unternehmenskrise, ihr Verlauf und die Ursachen – in mehreren Teilen möchte ich Sie für das Thema sensibilisieren und ermuntern, sich Ihr Unternehmen regelmäßig mit kritischem Blick anzuschauen und frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um in der Erfolgsspur zu bleiben.
Die Unternehmenskrise wird häufig vom Unternehmer erst als kritisch empfunden, wenn es fast zu spät ist – nämlich, wenn das Geld ausgeht. Und auch erst dann werden in der Regel externe Fachleute um Unterstützung angefragt. Dabei beginnt die Unternehmenskrise viel früher. Und hat zwar häufig verschiedene Ursachen, aber die Unternehmenskrise nimmt dabei immer den gleichen Verlauf. Und eine Phase der Unternehmenskrise baut auf der anderen auf.
Überblick über die verschiedenen Phasen einer Unternehmenskrise
Stakeholderkrise
Am wenigsten Beachtung finden meist Konflikte auf Gesellschafter- bzw. Geschäftsführungsebene oder auch mit Arbeitnehmern. Dem Unternehmen geht es in dieser Zeit gut, von einer Unternehmenskrise ist für Außenstehende nichts zu spüren. Aber genau hier hat die Unternehmenskrise ihren Anfang – sehr kleine Unternehmen einmal ausgenommen, bei denen der Unternehmer Gesellschafter und Geschäftsführer in einem ist und wo es keine oder nur sehr wenige Mitarbeiter gibt. Gesellschafter sind uneinig über den zukünftigen Kurs des Unternehmens oder die Besetzung der Geschäftsführung. Oder wollen einfach ihre Anteile verkaufen und können sich über den Preis nicht einigen. Wichtige Entscheidungen werden blockiert und sogar daraus resultierende negative Entwicklungen in Kauf genommen. Können die Konflikte nicht gelöst werden, entwickelt sich aus dieser frühen Unternehmenskrise fast automatisch eine Strategiekrise. Ein gutes Beispiel für Konflikte auf Gesellschafterebene, die in Köln sehr stark in der Öffentlichkeit ausgetragen wurden, ist der Streit unter den Gaffel-Brüdern.
Strategiekrise
Strategiedefizit als nächste Phase einer Unternehmenskrise trifft auch die ganz kleinen Unternehmen. Eine Vision fehlt, irgendwo im Tagesgeschäft ist die Kunden- und Wettbewerbsorientierung abhanden gekommen. „Meine Produkte haben sich doch immer gut verkauft“ – richtig, aber heute wollen die Kunden etwas anderes. Die Produkte haben das Reifestadium erreicht, Neuentwicklungen, Innovationen fehlen. Aus der Modebranche kennt man das. Vor einigen Jahren kam zum Beispiel Desigual mit bunten, neuen Mustern auf den Markt und hat es geschafft, in allen großen Modehäusern gelistet zu werden. Aber die Weiterentwicklung fehlte, so dass die Unternehmenskrise mittlerweile unübersehbar ist. Rabattaktionen häufen sich, jüngere Marken haben den wertvollen Platz in Kaufhäusern erobert. Zunehmend wird die Marke ausgelistet.
Die Strategiekrise trifft Unternehmen immer schneller. In früheren Zeiten hatte man relativ lange Planungssicherheit, heute dreht sich die Welt in kürzeren Zeiträumen und auch Ereignisse in anderen Teilen der Welt haben durch die globale Vernetzung und die Abhängigkeit von Rohstoffen viel mehr Einfluss. Besonders sichtbar wird diese Phase der Unternehmenskrise im Technologiebereich. Technologische Weiterentwicklungen werden verpasst – Siehe Nokia. Als Weltmarktführer bei Handys wurden Marktentwicklungen hin zum Smartphone komplett verschlafen. Es folgte der Absturz. Ein ähnliches Beispiel ist Blackberry.
Viele Unternehmen handeln in dieser Phase der Unternehmenskrise noch nicht, weil sie anfangs immer noch Gewinne erwirtschaften. Es gibt also keinen richtigen Druck. Aber ohne neue Ideen und Konzepte mündet die Strategiekrise unweigerlich in der…
Produkt- und Absatzkrise
Spätestens hier wird die Unternehmenskrise spürbar. Die Umsätze gehen zurück, die Produkte sind nun auch objektiv gesehen überaltert. Immer mehr Ware wird auf Lager produziert, immer mehr Kapital wird hierfür gebunden. Die Maschinen werden nicht mehr ausreichend ausgelastet und die Unternehmenskrise ist durch den Ergebnisrückgang auch für die finanzierenden Banken sichtbar. Spätestens jetzt sind Produktinnovationen notwendig! Aber auch hier reagieren viele Unternehmer noch mit dem Vogel-Strauß-Prinzip und vermuten nur eine kleine Umsatzdelle. Bis zu diesem Stadium handelt es sich eher um eine latente Unternehmenskrise.
Erfolgskrise
Mit der Erfolgskrise ist die Unternehmenskrise endgültig in der Gewinn- und Verlustrechnung angekommen – die Unternehmenskrise wird akut. Entsprechend sind die Maßnahmen gestaltet, die üblicherweise ergriffen werden. Stark auf die Zahlenseite ausgerichtet, reagiert das Unternehmen mit einem umfassenden Kostensenkungsprogramm. Mitarbeiter werden entlassen. Parallel dazu sinken die Umsätze jedoch weiter. Aus Gewinnen werden Verluste, das Eigenkapital wird langsam aufgezehrt. Das Unternehmen braucht neues Geld. Und das in einer Zeit, in dem sich die Banken mit neuen Krediten zurückhalten werden bzw. Konditionen aufgerufen werden, die jeden Unternehmer schlucken lassen. Dies ist auch die Phase der Unternehmenskrise, in der der Druck so groß ist, dass erstmalig externe Berater hinzugezogen werden.
Aber: Bei allen Kostensenkungsprogrammen – ohne Ankurbelung des Absatzes wird nur das Sterben des Unternehmens verzögert. Irgendwann sind alle Kosten optimiert. Und das zukunftsfähige Produkt fehlt weiter. Daher mündet diese Phase der Unternehmenskrise unweigerlich in der …
Liquiditätskrise
Schlechte Erfolgskennzahlen in der Bilanz ist das eine, aber die akuteste Bedrohung für das Unternehmen ist die leere Kasse. In der Liquiditätskrise sind die Kreditlinien ausgeschöpft, Mahnungen oder sogar Pfändungen häufen sich. Zahlungen erfolgen nur noch nach „Meckerliste“, d. h. wer sich am lautesten beschwert, dessen Rechnung wird bezahlt. In der Bilanz sieht man die Unternehmenskrise in einem massiven Anstieg der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen. Und in diesem Umfeld sind auch die Lieferanten immer weniger bereit, das Unternehmen zu beliefern. Versorgungsengpässe sind die Folge und die letzten treuen Kunden orientieren sich neu. Die Unternehmenskrise führt zu Chaosmanagement. Das eine Loch wird gestopft, indem ein neues Loch aufgemacht wird. Von einigen Unternehmern habe ich den Begriff gehört, sie fühlten sich wie in einem Hamsterrad. Der Ausweg fehlt. Und es endet ohne Gegenmaßnahmen häufig in der …
Insolvenzreife
Die Bezeichnung Unternehmenskrise trifft es schon nicht mehr, wenn Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eingetreten sind. Ab dem Insolvenzantrag liegt das Schicksal des Unternehmens in der Regel nicht mehr in der Hand des Unternehmers.
Die einzelnen Schritte im Ablauf der Unternehmenskrise sind eng verzahnt
Für jede Unternehmenskrise gilt: Alle Krisenstadien sind miteinander verflochten. Je früher die Krise erkannt wird und die Ursachenforschung beginnt, umso leichter ist es, die Unternehmenskrise zu überwinden. Damit einher geht auch, dass umso mehr Arbeit anfällt bzw. mehr Maßnahmen erarbeitet werden müssen, wenn erst in einem späten Krisenstadium mit der Analyse begonnen wird.
In Teil 2 lesen Sie über häufige Ursachen einer Unternehmenskrise.
Teil 3 geht auf Krisenanzeichen in Unternehmen ein.
(Fotos: © ClipArt | © Daniela Schulte)
Daniela Schulte
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