Gastbeitrag von Daniela Schulte, Schulte Unternehmensberatung
Ende April 2015 hat der Bundestag mit der Verabschiedung des neuen Kleinanlegerschutzgesetzes (KASG) erstmalig das Crowdfunding in die Regulierung aufgenommen, am 12. Juni 2015 wurde das Gesetz vom Bundesrat gebilligt und soll am 1. Juli 2015 in Kraft treten. Die mit dem KASG verbundenen Erleichterungen für die Finanzierung von Projekten über Crowdfunding beziehen sich dabei ausschließlich auf partiarische Nachrangdarlehen. Genussrechte oder stille Beteiligungen bleiben außen vor.
Investitionsgrenze für Privatpersonen in Höhe von 10.000 €
Das KASG hat die Investitionsobergrenze für Privatpersonen bei 10.000 € festgezurrt. Ab einem Anlagebetrag von 1.000 € muss ein Anleger außerdem zusätzlich eine Selbstauskunft gegenüber der Crowdfunding-Plattform abgeben. Hierin muss er bestätigen, dass er über ein frei verfügbares Netto-Einkommen von mindestens 100.000 € verfügt und nicht mehr als 2 Netto-Monatsgehälter investiert. Wie die Anleger auf diese persönlichen Fragen reagieren werden, bleibt abzuwarten. Einkommensnachweise müssen nicht beigebracht werden. Das KASG spricht nur von einer Selbstauskunft – von daher wird die Aussagekraft wohl letztlich eher gering sein. Gut vorstellbar auch, dass potenzielle Investoren abgeschreckt werden, auf einer für sie wenig greifbaren Datenplattform ihre Einkommensverhältnisse offen zu legen, und lieber ganz einem Investment Abstand zu nehmen. Nicht im KASG vorgeschrieben ist die Form der Erklärung – wenn eine elektronische Auskunft ausreicht, bleibt der Verwaltungsaufwand deutlich geringer als bei einer Papiervorgabe.
Höhere Investitionsgrenzen nur für Kapitalgesellschaften
Professionelle Investoren sind von der KASG-Anlagegrenze von 10.000 € ausgenommen, allerdings nur, wenn es sich um Kapitalgesellschaften handelt. Damit misst der Gesetzgeber wie auch bei der Steuergesetzgebung verschiedene Rechtsformen mit zweierlei Maß. Den Rechtsformen GmbH, AG und KGaA wird ein höherer Professionalitätsstandard unterstellt als beispielsweise einer KG. Dabei gibt es durchaus sinnvollere Abgrenzungskriterien, z. B. seit wann oder in welcher Höhe eine Gesellschaft Investitionen tätigt. In der Praxis dürfte die Erlaubnis des KASG für Kapitalgesellschaften aber schon etlichen Investoren helfen, besonders Business Angels, die häufig in der Rechtsform der GmbH organisiert sind.
Prospektpflicht für Crowdfunding erst ab 2,5 Mio. €
Die ursprünglichen Grenzen des KASG sahen vor, dass für jede Crowdfunding-Kampagne schon ab 1 Mio. € ein ausführlicher Verkaufsprospekt zu erstellen gewesen wäre. Damit wären schon mittelgroße Projekte durch hohe Prospekterstellungsgebühren belastet gewesen. Dies gilt auch, obwohl die Schwelle von 1 Mio. € realistischerweise derzeit nur bei wenigen Kampagnen überhaupt zum Tragen kommt. Mit dem niedrigen Betrag hätte zudem ein Wettbewerbsnachteil zum europäischen Ausland bestanden, wo deutlich höhere Schwellen gelten. Erfreulicherweise wurde das in der neuen Fassung des KASG korrigiert. Nun gilt eine sinnvolle Obergrenze von 2,5 Mio. € je Kampagne – erst darüber muss ein ausführlicher zeit- und kostenintensiver Verkaufsprospekt erstellt werden. Damit dürfte Crowdfunding auch für andere Branchen attraktiv werden, z. B. Immobilien oder erneuerbare Energien.
Für soziale und gemeinnützige Projekte gibt es darüber hinausgehend im KASG eine wesentliche Erleichterung: falls keine Vergütung für das Projekt gewährt wird und der Zinssatz 1,5% nicht übersteigt, können sogar bis zu 10 Mio. € ohne Prospekterstellung eingesammelt werden.
Verpflichtendes Vermögensanlagen-Informationsblatt nach KASG
Verpflichtend wird zukünftig ein 4-seitiges Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) sein, das einen Überblick über die Kernpunkte des Projekts und vor allem die Risiken hieraus enthält. Der Empfang muss vom Investor bestätigt werden. Dies muss nicht mehr wie ursprünglich im KASG vorgesehen mit Originalunterschrift auf postalischem Weg erfolgen, sondern kann per Klick auf der Website der Plattform bestätigt werden. Voraussetzung ist, dass die Identität des Investors vorab zweifelsfrei erkennbar ist. Hier sollte ausreichend sein, wenn der Investor auf der Plattform ein Profil angelegt hat.
Kein Werbeverbot, aber vorgeschriebener Warnhinweis und Widerrufsrecht
Eine große Sorge der Crowdfunding-Plattformen war das drohende Werbeverbot im KASG für Projekte in den sozialen Medien. Facebook, Twitter und Co. sind wesentliche Multiplikatoren für die Projekte. Ein Verbreitungsverbot hätte die Branche schwer getroffen. Nach dem jetzt verabschiedeten Gesetz darf weiter geworben werden, mit der Einschränkung, dass die Risiken deutlich hervorgehoben werden in Form eines Warnhinweises, der die Möglichkeit des Totalverlustes der Kapitalanlage beinhalten muss. Die vorgeschriebene gesetzliche Formulierung des Warnhinweises laut KASG lautet:
„Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum Verlust des eingesetzten Vermögens führen.“
Mit dem Warnhinweis laut KASG kann die Branche sehr gut leben – der Verbreitungsweg über die extrem wichtigen sozialen Netzwerke bleibt erhalten und die meisten Interessenten werden wohl darüber hinweg klicken. Bei einem variablen Zinssatz muss außerdem der Hinweis enthalten sein, dass „der in Aussicht gestellte Ertrag nicht gewährleistet ist und niedriger ausfallen kann.“
Zudem gilt ein 14-tägiges Widerrufsrecht für die Investoren und eine Verjährungsfrist, z. B. bei Vertragsverstößen, von mindestens 3 Jahren.
Fazit:
Der Gesetzgeber hat mit dem neuen KASG eine gute Mischung zwischen Anlegerschutz und Finanzierungsmöglichkeiten für die noch junge Crowdfunding-Szene geschaffen. Nun muss sich das KASG in der Praxis bewähren. Allerdings gilt das KASG derzeit ausschließlich für partiarische Nachrangdarlehen, nicht für andere Formen wie Genussrecht oder stille Beteiligungen, obwohl diese bisher bereits einer höheren Regulierung unterworfen sind. Hier gibt es zukünftig sicherlich Verbesserungsbedarf.
Da es sich bei Projektfinanzierung per Crowdfunding immer noch um ein sehr neues Spielfeld handelt, war der Gesetzgeber so klug und hat sich selbst eine Testphase verordnet. Ende 2016 soll überprüft werden, ob die Regelungen des neuen KASG den Anforderungen der Praxis standhalten oder ob das Gesetz angepasst werden sollte. Die Reaktion der diversen Crowdfunding-Plattformen auf das KASG ist entsprechend überwiegend positiv, auch wenn im Wunschkonzert immer noch Platz nach oben ist.
(Fotos: © ClipArt)
Daniela Schulte
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