Hoch Qualifizierte haben es ab 2012 schwerer, den Gründungszuschuss zu bekommen
Wohl dem, der kurz vor Silvester 2011 einen Antrag auf Gründungszuschuss gestellt hat. Denn Existenzgründer, die im zweiten Halbjahr 2011 aus der Arbeitslosigkeit (Bezug von Arbeitslosengeld I) gründeten und ihren Antrag auf Gründungszuschuss vor dem 28. Dezember stellten, erhielten noch eine Zusage für den Gründungszuschuss nach der alten Gesetzeslage.
Gründungszuschuss ist jetzt eine Ermessensleistung
Lange hatten Bundestag und Bundesrat gerungen. Doch die Auseinandersetzungen zwischen den beiden deutschen Kammern stellten sich als Scheingefecht heraus. Seit Anfang 2012 an gibt es in Deutschland keinen Rechtsanspruch mehr auf den Gründungszuschuss. Dieser ist ab diesem Stichtag vielmehr eine „Ermessensleistung der aktiven Arbeitsförderung, auf die kein Rechtsanspruch besteht“ (Bundesagentur für Arbeit).
Wer qualifiziert ist, soll lieber vermittelt werden…
Und wer ermisst? Die Arbeitsagentur. Die aber handelt nach dem Grundsatz der „Möglichkeit der Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt“. Wenn also die Chancen zur Vermittlung des Antragstellers in ein neues (abhängiges) Beschäftigungsverhältnis gut gesehen werden, dann stehen sie in Sachen Gründungszuschuss eher schlecht. Das heißt nichts anderes als dass qualifizierte Gründer, deren Chancen auf dem Arbeitsmarkt besser sind, künftig nicht mehr mit der Hilfe des Staates rechnen können, wenn Sie ein Unternehmen gründen möchten.
In einem Erfahrungsbericht auf Spiegel online vom 20. Januar 2012 heißt es:
„Gestern habe ich von meiner Beraterin in der Arbeitsagentur Berlin erfahren, dass der Gründungszuschuss nun (aufgrund der Kann-Leistung) nur noch gewährt wird, wenn man nicht anderweitig vermittelbar ist – also keine hinreichenden Qualifikationen für einen anderen Job mitbringt.“
… doch wer gründet, soll qualifiziert sein
Auf die Spitze getrieben heißt das wohl: Nur noch gering Qualifizierte bekommen für ihr Gründungsvorhaben Geld vom Staat. Menschen mit guten Voraussetzungen zur erfolgreichen Führung eines Unternehmens, also auch diejenigen, denen die Schaffung von Arbeitsplätzen am meisten zuzutrauen ist, können sich die Förderung über den Gründungszuschuss mehr oder weniger abschminken. Absurd, oder? Denn gleichzeitig müssen Existenzgründer, die einen Gründungszuschuss beantragen wollen, „die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegen“ (Bundesagentur für Arbeit). Hier werden unter anderem ein Konzept zur Gründung, ein Kapitalbedarfs- und Finanzierungsplan sowie eine Umsatz- und Rentabilitätsvorschau verlangt.
Gründungszuschuss: Nur noch sechs Monate
Weiterhin betreffen die Änderungen zum Gründungszuschuss die Dauer der Leistung und den Restanspruch auf Arbeitslosengeld. Wurden vorher neun Monate Gründungszuschuss bezahlt, sind es ab 2012 nur noch sechs Monate. Der Restanspruch auf das Arbeitslosengeld I muss noch mindestens 150 Tage betragen, vorher waren es 90 Tage. Gleich geblieben ist die Höhe des Gründungszuschusses. Er bemisst sich am zuletzt bezogenen Arbeitslosengeld plus 300,00 Euro „zur sozialen Absicherung“. Existenzgründer, die Arbeitslosengeld II bezogen haben, können für Ihr Gründungsvorhaben nach wie vor nur das so genannte „Einstiegsgeld“ beantragen.
Nachweis der Tragfähigkeit: Einschränkung bei den „fachkundigen Stellen“
Ebenfalls verlangt die Arbeitsagentur nach wie vor einen Nachweis der „Tragfähigkeit der Existenzgründung“ in Form einer „Stellungnahme einer fachkundigen Stelle“. Als fachkundige Stelle waren in der Vergangenheit auch Unternehmens- und Steuerberater anerkannt. Jetzt heißt es im Wortlaut: „Fachkundige Stellen sind insbesondere Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständische Kammern, Fachverbände und Kreditinstitute.“ Gründer, die weder einer Kammer noch einem Berufsverband angehören, können für ihren „Nachweis der Tragfähigkeit“ also nur auf das kleine Wörtchen „insbesondere“ hoffen und sich nach wie vor an einen Unternehmensberater oder Steuerberater wenden.
Gründungszuschuss: Die neuen Regeln im Einzelnen
Dies sind die neuen Regeln zum Gründungszuschuss:
- Bezieher von Arbeitslosengeld I können den Gründungszuschuss erhalten. Bezieher von Arbeitslosengeld II müssen sich um das so genannte Einstiegsgeld bewerben.
- Der Gründungszuschuss kann auf sechs Monate gewährt werden (bisher neun Monate und das als Muss-Leistung). Zusätzlich wird ein Zuschuss von 300 € pauschal geleistet.
- Der Zuschuss von 300 € kann danach um neun Monate verlängert werden (bisher sechs Monate).
- Vor dem Antrag auf Gründungszuschuss darf der Antragsteller maximal sieben Monate Arbeitslosengeld bezogen haben beziehungsweise es müssen noch mindestens fünf Monate Arbeitslosengeldanspruch vorhanden sein.
- Fachkundige Stellen, die die Tragfähigkeit des Gründungsvorhabens beurteilen dürfen sind ab sofort „insbesondere Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständische Kammern, Fachverbände und Kreditinstitute“.
- Die Agentur muss zuvor den potenziellen Gründern offene Stellen angeboten haben (Vorrang der Vermittlung).
- Wer schon Gründungszuschuss oder Ähnliches erhalten hat, unterliegt einer Sperrfrist von 24 Monaten.
Gründercoaching: Nur noch 50-prozentige Förderung
Noch ein Hinweis: Die 90-prozentige Förderung wird weiterhin gewährt, wenn der Gründungszuschuss zugesagt wurde. Es bleibt bei der Förderung dieser Unternehmensberatung in Höhe von 50 Prozent (75 Prozent in den neuen Bundesländern).
(ohne Gewähr)
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