Der Gründungswettbewerb von start2grow in Dortmund erfreut sich großer Bekanntheit und hat kontinuierlich guten Zulauf. Existenzgründer werden über sieben Monate auf dem Weg zur Existenzgründung, also bei der Erstellung ihres Businessplans und ihrer Finanzplanung begleitet und unterstützt.Mit Coachings, Vorträgen, Mentoring und Gutachten zu den verschiedenen Phasen und vielerlei Veranstaltungen – alles kostenlos und mit der Chance auf attraktive Preise. All das gilt übrigens gleichermaßen für Businessplanwettbewerbe, wie andernorts benannt, beispielsweise für NUK – Neues Unternehmertum Rheinland in Köln, Bonn und Düsseldorf.
Zu allem gibt es verschiedene Standpunkte. Auch zu einem Gründungswettbewerb wie start2grow (das, was ich hier schreibe ist auch auf andere Businessplanwettbewerbe, wie NUK – Neues Unternehmertum Rheinland übertragbar). Existenzgründer nehmen wie selbstverständlich diese großartigen Leistungen von start2grow (oder NUK) an. Als Konsument sind wir das gewöhnt! „Die sind ja dafür da, werden dafür bezahlt!“ Dem ist aber nicht so bzw. nur im geringen Maße so. Kehren Sie, lieber Existenzgründer, lieber Leser, Ihre Sichtweise bitte mal um. Nehmen Sie den Blickwinkel eines Coachs ein. Wie sieht ein Coach so einen Gründungswettbewerb?
Meine ganz persönlichen Erfahrungen mit dem Gründungswettbewerb von start2grow
Lassen Sie mich als Coach, Mentor, Referent und Gutachter meine Erfahrung mit dem Gründungswettbewerb 2014 wiedergeben – und das nicht ohne Emotionen.
Sie werden natürlich als erstes fragen, „Warum macht der das überhaupt“? Damit ich Beratungsaufträge erhalte? Nein, das können Sie vergessen. Es kann mal ein Auftrag abfallen, aber Existenzgründer haben in der Regel kein Geld und die Gründungsbegleitung übernimmt start2grow. Könnte es sein, dass ich gern und mit Engagement start2grow unterstütze? Aber dafür will ich anständig behandelt werden. Das macht das Team von start2grow. „Ein toller Dank an die Mentoren, Gutachter und Coachs“, das waren die Worte von Sylvia Tiews, Teamleiterin von start2grow, gleich zum Beginn der Abschlussveranstaltung vom Gründungswettbewerb 2014 am 3. Juli 2014. Immerhin schlossen sich zwei (von über zehn) der Preisträger diesem Dank an.
Wenn schon, dann voller Einsatz bei start2grow als Coach, Gutachter und Mentor
Das ist ein Grundsatz. Halbe Sachen bringen nichts. Ich bemühe mich, an allen Veranstaltungen von start2grow teilzunehmen. Nur dann kann gutes Netzwerken entstehen, hat Coaching eine Chance. Die Veranstaltungen beim Gründungswettbewerb heißen ja Coachingabende. Über einen Wettbewerbszyklus bedeutet das an die fünfzehn Fahrten nach Dortmund zu den Veranstaltungen von start2grow zuzüglich Treffen mit dem Mentoring-Team und der Erstellung von Gutachten sowie noch das eine oder andere mehr.
Mentoring war für mich beim abgelaufenen Gründungswettbewerb ein Flop. Getreu dem Motto „Was nichts kostet ist unverbindlich“ hatte sich ein Team zum Mentoring verpflichtet aber kurz darauf anders überlegt und die Anmeldung bei start2grow wieder zurückgenommen: „Ich muss unser Mentoring absagen, … bei mir hat sich beruflich eine ganz andere Möglichkeit ergeben, die ich nun nutzen werde.“ Ich habe mich riesig geärgert. Aber das war dem Team und allen egal. Im Zentrum stehen die Teams und die erlauben sich alles.
So auch beim Coaching, wenn es denn überhaupt an einem Coachingabend dazu kommt. Start2grow will hier demnächst Veränderungen einführen. Bisher sind deren Coachingabende keine richtigen Coachingabende sondern Vortragsveranstaltungen mit nachfolgend zwanglosem „Netzwerken“ beim Imbiss. Da finden Existenzgründer und Coachs nur schwerlich zu intensiven Coachinggesprächen zusammen. Jetzt muss ich mich mal für die Existenzgründer einsetzen. In der Regel waren diese sehr dankbar, wenn es zu einem guten Coachinggespräch kam. Aber eben nicht alle. Im vergangenen Zyklus fiel eine Frau auf, die sich alles meinte erlauben zu können, eben in aller Unverbindlichkeit und egoistisch unterbrach sie Gespräche, drängte andere auf Seite, hielt Vereinbarungen nicht ein. Das sind Ausnahmen, die aber immer wieder passieren.
Anspruchsvolle Gutachten sind sehr arbeitsintensiv
Gutachten zu den eingereichten Businessplänen werden in zwei Phasen angeboten. Wie viel denken Sie, lieber Leser und StartUp, investiert ein ordentlicher Gutachter?
Start2grow fordert Gründer danach zur Kontaktaufnahme und Besprechung des Gutachtens auf. Leider versündigen sich Gründer hier viel zu oft. Das Gutachten liegt vor, wurde erstellt von einer Institution – „die ist ja dafür da“!
Gut, ein Gutachten ist eine umstrittene Sache. Zudem lässt start2grow Gutachten inflationär erstellen. Gutachter sind mal mehr und mal weniger qualifiziert und die Gutachten fallen meist recht unterschiedlich aus. Genau das macht den Charme der Gutachten aus.
Liebe Existenzgründer, egal ob das Gutachten Ihren Interessen genügt oder nicht. Da sind ein ausführliches Gespräch und ein wenig Anerkennung schon angebracht. Aber so, wie das die Regel ist, das Gutachten abzuheften und den Menschen, der das erstellt hat, manchmal wie einen „Dienstleister“ zu behandeln, das ist nicht in Ordnung.
Preisträger com2m beim Gründungswettbewerb 2014
Ich habe mich riesig gefreut. Das Team com2m hat beim Gründungswettbewerb 2014 von start2grow so richtig abgeräumt. Vorausgegangen war, dass ich ein Gutachter in Phase 2 war, wenngleich ich zuvor keinen Kontakt mit dem Team hatte. Nun, nicht alle Gründer aus der TU Dortmund zeigen die erforderliche Loyalität und Konsequenz, die mit einer Anmeldung bei start2grow doch selbstverständlich verbunden sein sollte.
Com2m konzentriert sich auf die Bereitstellung einer Maschine zu Maschine-Kommunikationsplattform im Rahmen eines Mietmodells z.B. zur Realisierung von Fernwartungen. Ein Geschäftsmodell der Zukunft mit viel Potenzial. Wenngleich mein Gutachten kein Gefälligkeitsgutachten ist, hegte ich die Hoffnung, dass com2m es unter die ersten Preisträgern schafft.
Das ist gelungen. Die Jury hat Com2m ausgezeichnet. Com2m belegte einen guten vierten Platz mit 3.000 € und gewann den großen Sonderpreis „Technologie“ mit 20.000 €. Das ist Spitze. Das ist ganz toll. Und der Teamleiter, Herr Martin Peters ergriff bei der Preisverleihung das Mikrofon und zollte große Anerkennung an die ehrenamtlichen Coachs, Gutachter und Referenten. Das zeigt Größe!
(Fotos © shutterstock_164888318 | Pixelio © Konstantin Gastmann | © com2m)
Ihren Beitrag aus eigener Sicht habe ich mit Interesse gelesen. Ich stimme dem zu, dass leider meist „was nichts kostet, ist auch nicht ernst zu nehmen“ gilt. Aber selbst, wenn es auf Wunsch von Gründern kostenpflichtig wird, halten sich diese nicht unbedingt an getroffene Vereinbarungen. Verhindern lässt sich das wahrscheinlich nicht, höchstens durch Menschenkenntnis frühzeitig „erahnen“ und ein Coaching ggf. beenden. Glücklicherweise gibt es auch Gründer (-Teams) und Netzwerkpartner, mit denen die Zusammenarbeit Spaß macht, von Wertschätzung getragen wird und auch zu guten Ergebnissen führt. Das Engagement von Frau Tiews und ihren Teamkollegen und -kolleginnen sollte man da auch keinesfalls unerwähnt lassen.
Tendenziell gebe ich Ihnen aber Recht, dass die Wertschätzung mit dem Preis korrespondiert. Das ist eigentlich schade. Und auch fehlendes Interesse und fehlende Resonanz bei Gutachten, die bei mir auch einige Stunden in der Erstellung dauern, sind nicht selten.
Unter dem Strich würde ich jedoch trotzdem sagen, dass sich der Wettbewerb für die Teilnehmer lohnt und wir dabei bleiben sollten, solange uns diese Art der Hilfestellung noch Freude macht!
Viele Grüße aus Kreuztal und Dortmund, Sabine Krieger, vorm. Drechsler
Krieger Unternehmensberatung
Hallo Frau Krieger,
ich stimme da voll mit Ihnen überein. Wir müssen aber auch akzeptieren, dass start2grow diese Leistungen kostenlos anbieten will. Das müssen wir akzeptieren. Da gab und gibt es von start2grow genügend Abwägungen und Überlegungen.
Gesagt werden muss, dass es bei start2grow die Arbeit mit vielen Gründern, Teams und Netzwerkpartnern Spaß macht, von Wertschätzung getragen wird und auch zu guten Ergebnissen führt. Je Zyklus werde ich allerdings mindestens einmal richtig schlecht behandelt und mehrere Male wird mit mir unangebracht umgegangen.
Das Engagement von Frau Tiews und ihren Teamkollegen und -kolleginnen ist positiv und mehr. Ich erfahre dort immer eine Atmosphäre des Willkommens.
Start2grow, das ein Wunsch von mir, muss den Gründern sehr bewusst machen, welches Engagement und Zeitaufwand Coachs, Gutachter, … erbringen. Das gehört von den StartUp anerkannt und wertgeschätzt.
Bei Bezahlberatungen ist das anders. Zwar gibt es auch hier Ausnahmen. Wenn Geld zu zahlen ist, dann erfolgt viel mehr Wertschätzung und Anerkennung. Die Zuverlässigkeit und die Kontaktpflege sind da erheblich besser und eine „Schlechtbehandlung“ kenne ich da nicht.
Liebe Grüße aus dem Süden von Köln
Lambert Schustetr
Guten Tag Herr Hellinger,
vielen Dank für Ihren Kommentar. Es gehört wirklich eine riesige Menge an Idealismus dazu, den Gründungswettbewerb engagiert zu unterstützen.
Für mich kommt grob alle zwei Wettbewerbe ein Auftrag dabei heraus, also „nichts“. Zudem gibt es eine Menge Frusterlebnisse, vielfältiger Art. Warum ich das dennoch gemacht habe, tue, ist der Idealismus, die gute Sache von start2grow zu unterstützen. Allein da fehlt es bei den Gründern zuweilen an Wertschätzung. „Watt nix kost‘, dat iss‘ auch nix!“ Da kommen mir schon manchmal Selbstzweifel. Allein in meiner Lebenslage kann ich es mir eher erlauben, mich auch zu einem beachtlichen Maße karitativ zu betätigen.
Ich kann Sie sehr gut verstehen, wenn Sie sich zurückziehen. Übrig bleibt dann „Masse vor Klasse“.
Den meisten Frust erzeugen bei mir die Gutachten. Wie kann es geschehen, kann start2grow es zulassen, dass die Existenzgründer ein Gutachten, welches mal vier, aber auch mal bis zu vierzehn Stunden an Zeitaufwand verursachte und mit hohem Engagement erstellt wurde, einfach abgelegt wird …
Liebe Grüße in den Süden nach Bonn
Lambert Schuster
Sehr geehrter Herr Schuster,
ich bin von dem Wettbewerb start2grow auch etwas enttäuscht. Man bemüht sich zwar intensiv, Startups in die Region zu bekommen und bietet daher vielfältige Unterstützung an, aber die Qualität der Berater und Gutachter ließen oft zu wünschen übrig. Ich habe selbstverständlich keine repräsentative Übersicht, aber entnehme diese Tendenz auch Ihrem Artikel.
Die Fahrt nach Dortmund schenke ich mir schon seit langem. Bei der Begutachtung hadere ich noch mit mir, weil es mich einfach nervt, in der eher unqualifizierten Menge unterzugehen.
VG
A.H.
Rechtsanwalt und Steuerberater aus Bonn