Finanzielle Überbrückung einer schwierigen Wegstrecke für die Arbeitnehmer – eine Chance für das Unternehmen
Gastbeitrag von Daniela Schulte, Schulte Unternehmensberatung
Das eigene Unternehmen muss Insolvenz anmelden. Immer ein Schock für die Mitarbeiter, auch wenn in der Regel die Krise vorher schon länger greifbar in der Luft hing. Häufig auch am eigenen Leib erfahren durch verspätete Gehaltszahlungen. Wie geht es weiter? Noch sind die Mitarbeiter nicht gekündigt, in jedem Fall sind für Kündigungen Fristen einzuhalten. Maximal 3 Monate beträgt die Kündigungsfrist in der Insolvenz und in vielen Fällen wird der Insolvenzverwalter allen Mitarbeitern unmittelbar kündigen, um das Unternehmen im Sinne der Gläubiger schnellstmöglich zu verwerten oder die Attraktivität für einen Käufer zu erhöhen. Aber wo soll das Geld für die laufenden restlichen Gehaltszahlungen herkommen?
Das Gesetz sieht in diesem Fall die Möglichkeit vor, Insolvenzausfallgeld zu beantragen. Gewährt wird das Insolvenzausfallgeld durch die Bundesagentur für Arbeit über einen Zeitraum von längstens 3 Monaten. Die Zahlung von Insolvenzausfallgeld hat mehrere Gründe: Zum einen soll das Unternehmen um einen – häufig den größten – Kostenblock entlastet werden. Damit soll sichergestellt werden, dass dem Unternehmen wieder mehr Liquidität für die laufenden Geschäfte zur Verfügung steht. Zum anderen soll mit dem Insolvenzausfallgeld aber auch vermieden werden, dass die Mitarbeiter fluchtartig das Unternehmen verlassen und eine Sanierung dann nicht mehr an mangelnder Liquidität sondern fehlendem restlichen Know-how scheitern würde.
Wie funktioniert das nun mit dem Insolvenzausfallgeld konkret?
Das Unternehmen stellt einen Insolvenzantrag, der zunächst vom Gericht auf Zulässigkeit geprüft wird. Ein vorläufiger Insolvenzverwalter wird dann dem Unternehmen zugewiesen. Bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens vergehen aber dann noch in der Regel drei Monate. Eine Zeit, um Chancen auszuloten, das Unternehmen fortzuführen oder den Betrieb einzustellen.
Die Voraussetzung für die Gewährung von Insolvenzausfallgeld ist der Eintritt eines Insolvenzereignisses nach § 165 SGB III. Für die Bewilligung und folgend die erste Auszahlung von Insolvenzausfallgeld muss das Insolvenzverfahren schon eröffnet oder die Eröffnung mangels Masse abgelehnt worden sein. Falls der Geschäftsbetrieb bereits vollständig eingestellt ist und mangels Masse überhaupt kein Insolvenzantrag gestellt wurde, ist auch das eine Grundlage zur Zahlung von Insolvenzausfallgeld. Beantragt werden muss das Insolvenzausfallgeld spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Eintritt des Insolvenzereignisses, gezahlt wird das Insolvenzausfallgeld dann maximal für Gehaltsrückstände in den letzten 3 Monaten vor der Insolvenzeröffnung.
Ganz wichtig: Später kann kein Insolvenzausfallgeld mehr beantragt werden!
Vorfinanzierung von Insolvenzausfallgeld
Um genau diesen Zeitraum zu überbrücken, hat der Gesetzgeber unter gewissen Rahmenbedingungen eine Möglichkeit zur Vorfinanzierung von Insolvenzausfallgeld durch Banken geschaffen. Grundvoraussetzung für die Vorfinanzierung von Insolvenzausfallgeld ist jedoch, dass die Insolvenzantragspflicht noch nicht eingetreten ist, sprich das Unternehmen weder zahlungsunfähig noch überschuldet ist, sondern nur Zahlungsschwierigkeiten bestehen. Die Mitarbeiter können dann mit Zustimmung der Arbeitsagentur die Ansprüche auf Insolvenzausfallgeld an eine Bank abtreten. Die Arbeitsagentur stimmt für den Fall zu, dass durch die Vorfinanzierung von Insolvenzausfallgeld ein erheblicher Teil der Arbeitsplätze erhalten bleibt. Um das beurteilen zu können, ist die Vorlage eines detaillierten Sanierungskonzepts notwendig. Rechtlich gesehen ist die Vorfinanzierung von Insolvenzausfallgeld ein Kredit, den die Bank den Mitarbeitern jeden Monat bei Fälligkeit in Höhe des Nettogehalts gewährt und der aus den später folgenden Zahlungen der Arbeitsagentur zurückgezahlt wird.
Wer gilt alles als Arbeitnehmer mit Anspruch auf Insolvenzausfallgeld im Sinne der Insolvenzordnung?
Wenn Sie eine Tätigkeit gemäß der folgenden Liste ausüben bzw. einen entsprechenden vertraglichen Status haben, besteht Anspruch auf Insolvenzausfallgeld:
- Arbeitnehmer nach dem allgemeinen Arbeitnehmerbegriff
- Auszubildende
- Beschäftigte im Homeoffice
- Versicherungsfreie Personen wie Schüler, Studenten, geringfügige Beschäftigte
- Angestellte GmbH-Geschäftsführer (keine Gesellschafter-Geschäftsführer)
- Nach dem Insolvenzantrag eingestellte Arbeitnehmer, wenn es sich um Arbeitnehmer mit Schlüsselfunktionen handelt
Insolvenzausfallgeld wird in Höhe des letzten Nettogehalts gewährt. Gekappt wird die Nettoauszahlung bei der Beitragsbemessungsgrenze der Arbeitslosenversicherung (5.600 € alte Bundesländer). Tarifliche Lohnerhöhungen, die rückwirkend für Zeiten vor dem Insolvenzereignis gelten sollen, sind werden nicht vom Insolvenzausfallgeld abgedeckt. Genausowenig wie Verzugszinsen.
Durch das Insolvenzausfallgeld haben die Mitarbeiter also zumindest für einen Zeitraum von drei Monaten die Sicherheit, ihr Gehalt noch in voller Höhe zu bekommen. Damit auch eine gute Gelegenheit, sich zu sammeln und in Ruhe neue berufliche Wege einzuschlagen. Oder finden im sanierten Unternehmen eine echte neue Chance.
(Fotos: © ClipArt | © Daniela Schulte)
Daniela Schulte
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