Bei der Auftragsvergabe im Dienstleistungsbereich kommt es wegen unklaren Anforderungen seitens des Kunden oder Missverständnissen beim Dienstleister leider immer wieder zu Unstimmigkeiten. Im schlimmsten Fall ist eine Zerrüttung der Geschäftsbeziehung die Folge. Um sie zu vermeiden, sollten Dienstleister und Kunde bei der Auftragsvergabe einige wenige Regeln beachten.
Der konkrete Fall: Auftragsvergabe im Dienstleistungsgeschäft unter Netzwerkpartnern
Dienstleister und Kunde hatten sich beim Runden Tisch von Lambert Schuster kennengelernt. Kurz darauf kam es zu einem ersten kleineren Auftrag. Das ist im Grunde erfreulich und macht den Sinn vom Runden Tisch aus: Kommunikation, Erfahrungsaustausch und Netzwerken für junge Unternehmer.
Auftragsvergabe auf Zuruf
Doch schon im Moment der Auftragsvergabe im Dienstleistungsgeschäft kam es zu einem elementaren Fehler: Der Auftrag wurde, wie bei jungen, unerfahrenen Unternehmern leider üblich, unkonventionell „auf Zuruf“ am Telefon erteilt. Wie sich der Fall genau abgespielt hat, weiß ich nicht und muss es auch nicht wissen. Der Auftraggeber hatte mündlich erklärt, worum es geht und was er haben möchte, und hatte dem Auftragnehmer die erforderlichen Informationen und Unterlagen geliefert. Der Dienstleister hatte sich direkt an die Umsetzung gemacht (es eilte wohl etwas) und aus seiner Sicht eine gute Leistung erbracht. Doch der Kunde war nicht zufrieden und bat um Nachbesserung. Der Dienstleister bemühte sich, den Kunden doch noch zufriedenzustellen und wendete mehr Stunden auf als geplant, die er aber nicht in Rechnung stellte. Doch es half nichts, der Kunde blieb unzufrieden.
Zerrüttete Geschäftsbeziehung
Der Kunde erwartete nun ein Entgegenkommen des Dienstleisters. Doch dieser hatte ja aus seiner Sicht schon viel mehr aufgewendet als (mündlich) angeboten und war nicht zu Zugeständnissen bereit. Bedauerlicherweise haben sich die Geschäftspartner, die ich persönlich beide sehr schätze, schließlich über diese Auftragsvergabe zerstritten. Ein unerfreulicher Mailaustausch war die Folge.
Fünf Regeln für Auftragsvergabe und Abwicklung von Dienstleistungsgeschäften
Unstimmigkeiten und verschiedene Auffassungen darüber, ob ein Auftrag erfüllt ist oder nicht, gibt es gerade bei Dienstleistungsgeschäften immer mal wieder. Hätten sich aber die Geschäftspartner an einige wenige grundsätzliche Regeln gehalten, wäre diese unschöne Situation zu vermeiden gewesen.
Die folgenden fünf Regeln helfen Ihnen bei der Auftragsvergabe im Dienstleistungsgeschäft
1. Die Auftragsvergabe im Diensteleistungsgeschäft muss konkret und verbindlich sein
Auch wenn es schnell gehen muss: Eine Auftragsvergabe auf Zuruf ist tabu. Das Motto „Mach doch mal“ darf hier nicht gelten und wird sich rächen. Bei einer Auftragsvergabe auf Zuruf bleibt der Auftraggeber immer etwas unverbindlich. Das ist für den Auftragnehmer eine schwierige Situation. Formulieren Sie daher Ihre Auftragsvergabe immer schriftlich. Achten Sie als Dienstleister darauf, dass Sie einen schriftlichen Auftrag von Ihrem Kunden erhalten.
2. Die Auftragsvergabe muss eine genaue Anforderung enthalten (Spezifikation)
Der Auftraggeber muss in einer Spezifikation genau definieren, welche Anforderung(en) er hat und welche Leistung er vom Auftragnehmer erwartet – und zwar schriftlich. Denn wenn er seine Vorstellungen und Wünsche zu Papier bringt, ist er gezwungen, seine Forderungen klar und eindeutig zu formulieren. Für den Leistungserbringer ist es anhand der genauen Spezifikation einfacher, den Wünschen und Vorstellungen seines Kunden gerecht zu werden.
Eine Spezifikation für die Auftragsvergabe im Dienstleistungsgeschäft beinhaltet immer drei Elemente:
- Inhalt/Anforderungen
Was ist der Leistungsinhalt, den ich für mein Geld fordere? Formulieren Sie klare Angaben mit Mengen sowie zur Ausführung und Qualität – also Daten und Fakten. - Beistellungen
fallen alle Unterlagen, Dokumente, Daten, die der Auftraggeber zur Verfügung stellt. Wichtig: Nicht zu viele, aber auch nicht zu wenige Informationen und Unterlagen liefern. - Erwartetes Ergebnis der Leistungserbringung
Definition des Ergebnisses in Umfang und Form. Welche Leistungserbringung erwarte ich und wie erwarte ich diese? Auf Papier, als Datenträger, mit welcher Dokumentation usw.
3. Achten Sie auf die konkreten Rahmenbedingungen für die Auftragsvergabe
Formulieren Sie als Auftraggeber sämtliche Rahmenbedingungen, die für die Auftragsvergabe im Dienstleistungsgeschäft eine Rolle spielen, zum Beispiel Termine, Gewährleistung, Performance, Leistungsgrenzen, Abnahmen etc. Für den Auftragnehmer ist so klar ersichtlich, wann und in welcher Form er seine Leistung abzuliefern hat.
4. Für den Auftragnehmer: Formulieren Sie ein klares Angebot oder eine unmissverständliche Auftragsbestätigung
Bei einer Auftragsvergabe im Dienstleistungsgeschäft empfiehlt es sich für den Auftragnehmer immer, dem Kunden eine schriftliche Auftragsbestätigung zu schicken. Insbesondere aber, wenn Sie vom Auftraggeber keine eindeutige Spezifikation erhalten, sollten Sie die Anforderungen konkret in einem Angebot oder direkt in einer Auftragsbestätigung aufführen. So machen Sie den Umfang und die Grenzen Ihrer Leistung deutlich. Formulieren Sie in Ihrem Angebot oder in der Auftragsbestätigung auch, welchen Input (Dokumente, Daten etc.) Sie von Ihrem Kunden erwarten.
5. Im Konfliktfall persönlich den Ausgleich suchen
Wenn Sie alle vorstehenden Empfehlungen beachten, minimieren Sie zwar das Risiko, dass am Ende einer von beiden Geschäftspartnern unzufrieden ist. Ausschließen können Sie es dennoch nicht. Dann ist es wichtig, dass beide Seiten den Kompromiss suchen – und zwar persönlich, wenigstens am Telefon, und nicht schriftlich. Ein Anwalt sollte die absolut letzte Lösung sein, das führt im Zweifel nur zu weiterem Frust, unnötigem Streit und vermeidbaren Kosten.
Fazit:
Ob als Dienstleister oder als Kunde: Formulieren Sie bei der Auftragsvergabe so konkret wie möglich. Ich weiß: Das ist im Dienstleistungsgeschäft nicht immer so einfach, als würden Sie eine Ware verkaufen. Versuchen Sie es trotzdem. Ich versichere Ihnen, dass Sie sich Ärger mit Geschäftspartnern damit zu nahezu 100 Prozent ersparen. Und sollte es trotzdem schiefgehen, suchen Sie das persönliche Gespräch und einen Kompromiss, auch wenn er wehtut. Vermeiden Sie, eine entstandene Geschäftsbeziehung zu zerstören. Oft begegnet man sich im Leben ein zweites Mal. Dann ist es gut, wenn es keinen Verlierer in der Auseinandersetzung gab und jeder sein Gesicht wahren konnte.
(Fotos: pixelio © Joachim Kirchner | © isinor | © Peter Hebgen)