Beitrag zur Konfliktlösung im Berufsalltag von Lea Berger
Der Joballtag bringt viele Konflikte mit sich, gelegentliche Streitereien unter Kollegen sind daher nicht unüblich. Auch zwischen Chef und Mitarbeiter sind Konflikte möglich, die sich mitunter nicht mehr durch ein bloßes Gespräch klären lassen. Ändert sich ein Fehlverhalten trotz aller Belehrungen nicht oder sieht ein Angestellter seine Fehler schlichtweg nicht ein, so sollten und müssen Führungskräfte Konsequenzen ziehen. Auch deshalb, weil Disziplinargespräche ohne entsprechende Wirkung über kurz oder lang nicht mehr ernst genommen werden.
Stattdessen sollten Führungskräfte konsequent bleiben und mithilfe verschiedener Eskalationsebenen für eine Konfliktlösung, also für klare Fronten sorgen. Extreme Maßnahmen, im äußersten Falle eine Kündigung, gilt es hierbei jedoch erst als letztes Mittel zu nutzen. Im Vorfeld bieten sich folgende Maßnahmen zur Konfliktklärung an:
Erste Eskalationsstufe zur Konfliktlösung – Kritikgespräch
Besteht erstmals ein Problem, das sich nicht von selbst löst oder nachhaltig den Betrieb stört, so ruft der Vorgesetzte in der Regel zu einem Kritikgespräch auf. Hierbei erläutert er dem Mitarbeiter freundlich, aber auch direkt und vor allem verbindlich, welche Probleme es im Detail gibt und wie sich diese künftig vermeiden lassen. Dabei ist es wichtig, dass sich der Vorgesetzte auf seinen Mitarbeiter einlässt und den passenden Tonfall anschlägt – ob schweigsam, geschwätzig, sensibel oder cholerisch, diese Charakterzüge sollten bei einem Gespräch nach Möglichkeit bedacht werden. Wer sich möglichst gut auf ein solches Gespräch zur Konfliktlösung vorbereiten will, der kann sich einen Gesprächsleitfaden im Vorfeld erstellen. In den meisten Fällen sollte der Konflikt damit bereits behoben sein.
Zweite Eskalationsstufe zur Konfliktlösung – weiteres, nachdrückliches Gespräch
Sollte das erste Gespräch nicht die erwartete Wirkung zeigen und der Mitarbeiter ändert sein Verhalten nicht, so wird ein weiteres Gespräch zur Konfliktlösung notwendig. Der Vorgesetzte muss nun nachdrücklicher auf seinen Standpunkt hinweisen und vor allem deutlich machen, dass er als Führungskraft am Ball bleiben wird, bis sich etwas ändert. Trotzdem sollte an dieser Stelle aber noch immer ein sachlicher Ton vorherrschen und es gilt darauf zu achten, dass das Gespräch stets fair bleibt. Verletzende Äußerungen oder ein ausfallender Tonfall sind also in jedem Fall zu vermeiden. Ratsam ist es jedoch, sich an dieser Stelle bereits den Gesprächsverlauf schriftlich festzuhalten, selbiges gilt für einen Überprüfungstermin. Hat der Vorgesetzte seinen Standpunkt an dieser Stelle deutlich gemacht und dem Mitarbeiter genau erläutert, was von ihm erwartet wird, so sollte ein Großteil aller Konflikte damit erledigt sein.
Dritte Eskalationsstufe zur Konfliktlösung – offizielles Gespräch mit weiteren Führungskräften
Bleibt die Verhaltensänderung auch jetzt noch immer aus, so ist der Konflikt in der Regel sehr tiefgehend und nicht so leicht zu lösen. Dennoch sollte an dieser Stelle ein letztes Gespräch zur Konfliktlösung im offiziellen Rahmen geführt werden, bei dem weitere Führungskräfte aus dem Management, der Personalabteilung oder dem Betriebsrat zugegen sind. Es gilt nun klar und unmissverständlich zu verdeutlichen, dass das Verhalten nicht toleriert wird und es gegebenenfalls zu arbeitsrechtlichen Schritten kommen wird. Allerdings sollte spätestens zu diesem Zeitpunkt analysiert werden, ob die Probleme nicht vielleicht doch einen gänzlich anderen oder komplexeren Ursprung haben. Darunter können familiäre Probleme oder ein Suchtproblem fallen, die bisher versteckt wurden. Der Mitarbeiter sollte in einem solchen Fall bestmöglich unterstützt werden, wobei sich ein betriebliches Gesundheits- und Sozialmanagement nun auszahlt.
Ebenfalls sinnvoll kann das Hinzuziehen eines Mediators zur Konfliktlösung sein, wie es bereits seit mehreren Jahren von immer mehr Unternehmen praktiziert wird. Dieser fungiert als Vermittler. Eine Mediation weist gewisse Gemeinsamkeiten zum klassischen Arbeitsgerichtverfahren auf, verzichtet dabei jedoch auf den „fehlenden Kampf“. Beide Seiten suchen also gemeinsam nach einer Lösung, tragen die Hintergründe ihrer Auseinandersetzung vor und müssen dementsprechend auch eine gewisse Verhandlungsbereitschaft mitbringen. Wichtig ist dabei, dass die Beteiligten freiwillig an der Mediation teilnehmen und sich auf eine sinnvolle Lösung einigen wollen – dennoch kann es aber durchaus sein, dass die Mediation kein Ergebnis liefert. Wie das Verfahren im Detail abläuft, wird hier Schritt für Schritt erläutert.
Konflikte klären – wo liegen die Fehler und Ursachen?
Der Berufsalltag bietet an vielen Stellen Konfliktpotenzial, sei es aufgrund einer einfachen Meinungsverschiedenheit oder grundsätzlich unterschiedlichen Vorstellungen. Bis zu einem handfesten Konflikt kann es von dort aus oftmals nur ein kleiner Schritt sein. Um zur Konfliktlösung beizutragen oder eine Streitigkeit gar nicht erst eskalieren zu lassen, lohnt sich ein genauer Blick auf die tatsächlichen Ursachen. Hierbei zeigt sich womöglich, dass der Konflikt sich auf verschiedenen Ebenen abspielt: der Sachebene, der Beziehungsebene und der Machtebene. Sie unterscheiden sich wie folgt:
- Sachebene – der offensichtliche Streitpunkt, also eine konkrete Situation basierend auf Fakten. Auf dieser Ebene lässt sich am ehesten rational bewerten und diskutieren. Hierbei geht es um konkrete Unternehmensziele und Strategien oder auch Werte und Loyalität.
- Beziehungsebene – Beziehungskonflikte äußern sich zwar ähnlich wie Sachkonflikte, sie liegen meist jedoch noch tiefer begründet. Das kann beispielsweise unterschwellige Rivalität sein, die immer wieder für Spannungen sorgt. In vielen Betrieben und Firmen sind die Gefühls- und Beziehungsebene und deren Thematisierung jedoch noch größtenteils tabu, wodurch die Konfliktlösung beeinträchtigt oder gar verhindert wird. Die emotionale Beziehung der Betroffenen sollte bei einem Konflikt daher in jedem Fall berücksichtigt werden.
- Machtebene – am Arbeitsplatz stellt Macht einen sehr wichtigen Faktor dar, in einem Machtkonflikt wird dementsprechend um hierarchische Positionen gerungen. Dies resultiert daraus, dass in der Regel jeder Mitarbeiter bestrebt ist, seine derzeitige Position zu festigen oder zu verbessern. Um einen solchen Konflikt aufzuschlüsseln und eine Konfliktlösung zu finden, gilt es auf die Konsequenzen zu achten: wer profitiert von den Folgen, inwiefern ist es für einen Mitarbeiter sinnvoll, einen Kollegen in Misskredit zu bringen? In den meisten Fällen setzt sich in einem solchen Konflikt derjenige durch, der die höhere Position innehat – dies muss allerdings nicht zwangsläufig der fähigere Mitarbeiter sein.
Mit diesem Wissen lässt sich effektiv an einer Lösung arbeiten, durch die bestenfalls alle Parteien fair behandelt werden. Greifen Vorgesetzte hier nicht selbst aktiv ein, so lösen sich viele Probleme über kurz oder lang von selbst, dies jedoch nicht unbedingt zum Wohle der einzelnen Mitarbeiter. Zwar handelt jeder Mensch in Konfliktsituationen individuell, dennoch folgen die meisten Betroffenen einer grundsätzlichen Strategie. Meist greift dabei eine der folgenden Strategie, teilweise auch unterbewusst:
- Vermeidungsstrategie
Personen, die sich unterlegen fühlen, greifen häufig zu dieser Strategie. Sie meiden die offene Auseinandersetzung, sodass die eigene Meinung nicht nachvollziehbar vorgebracht wird. Nicht selten sorgt diese Strategie auch dafür, dass ein Konflikt gar nicht als solcher wahrgenommen wird, Äußerungen bezüglich der eigenen Unzufriedenheit finden in dem Fall nur hinter vorgehaltener Hand statt. Eine Konfliktlösung findet hierbei in der Regel nicht statt, sodass selten Vorteile mit dieser Strategie einhergehen. Vielmehr sorgt sie für das Gefühl einer Niederlage, Machtlosigkeit und dem Verlust der Souveränität.
- Pokerstrategie
Bei dieser Strategie taktiert der Konfliktpartner hingegen, um letztendlich den Sieg davonzutragen. Häufig wird sie von Personen in Machtpositionen genutzt, wobei die Ursachen nicht untersucht werden, sondern der Konflikt lediglich als Mittel zur Festigung oder Verbesserung der eigenen Position dient. Andere Kollegen werden dabei beispielsweise herabgestuft, Konflikte werden geschürt oder für sich ausgenutzt. Daraus geht zwangsläufig ein gestörtes Arbeitsklima hervor.
Umso wichtiger ist es also, dass Führungskräfte unter Umständen aktiv eingreifen oder sich bei der Konfliktlösung engagieren. Sie können aber genauso gut selbst betroffen sein und sollten in diesem Fall ebenfalls ihre eigenen Aktionen und Reaktionen reflektiert betrachten. Das bereits erwähnte Konfliktgespräch stellt hierbei erste Weichen und sollte für eine gleichberechtigte Aussprache sorgen. Nicht immer ist ein solches Eingreifen jedoch sinnvoll. Unternehmer.de rät etwa, dass eine Führungskraft gerade dann nicht intervenieren sollte, wenn beispielsweise ein Konflikt zwischen zwei Mitarbeiter besteht und sie selbst auch emotional beteiligt ist. Besser ist in einem solchen Fall eine neutrale Person.
Die vierte Eskalationsstufe zur Konfliktlösung – die Kündigung
Zu einer Kündigung aufgrund von Fehlverhalten kommt es in der Praxis sehr selten, dennoch wird sie in einigen Fällen als letzte Konsequenz ausgesprochen. Der Mitarbeiter hat in diesem Fall keine der ihm gebotenen Gelegenheiten zur Abstellung seines Fehlverhaltens genutzt, sodass das Unternehmen keine andere Möglichkeit der Konfliktlösung sieht. Zunächst muss dafür allerdings die erste Abmahnung ausgesprochen werden, darauf folgt im Wiederholungsfall die zweite und letztendlich die Kündigung. Um formal und arbeitsrechtlich korrekt zu bleiben, sollten Entscheider an dieser Stelle jedoch unbedingt exakt arbeiten und nicht komplett eigenständig handeln. Stattdessen sollte spätestens ab der zweiten Eskalationsstufe die Personalabteilung eingeschaltet werden. So kann sichergestellt werden, dass der Konfliktverlauf lückenlos dokumentiert wurde und jederzeit wieder aufgerufen werden kann, sollte es zu einem Kündigungsschutzprozess kommen.
Letzte Instanz: Die gerichtliche Einigung
Nicht immer ist die Streitfrage zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber an dieser Stelle jedoch bereits beendet. In einigen Fällen wird der Konflikt sogar bis vor ein Gericht getragen und dort ausgefochten. Meist geht es dabei um Kündigungsschutzklagen, die mithilfe eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens beigelegt werden sollen. Ein Arbeitnehmer hat also seine Kündigung erhalten und wehrt sich dagegen mit einer Klage. Der Arbeitgeber muss nun nachweisen, dass es einen plausiblen Kündigungsgrund gab. In vielen Fällen hat jedoch weder der Arbeitgeber Lust, den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen, noch möchte der Arbeitnehmer gerne bei seinem bisherigen Arbeitgeber bleiben – selbst wenn die Kündigung tatsächlich unwirksam sein sollte. In vielen Fällen sind die Arbeitgeber daher bereit, eine Abfindung zu zahlen, sodass der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz aufgibt. Bei einer solchen Regelung wird von einem gerichtlichen Vergleich gesprochen, der rechtsverbindlich vereinbart wird. Abseits der gerichtlichen Einigung kann diese aber auch außergerichtlich erfolgen, etwa in Form eines Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrags.
- Generell gilt: Der Kündigungsschutz in Deutschland gehört zu den stärksten weltweit, die Hürden beim Arbeitsgericht sind für ein Unternehmen dementsprechend hoch und im Vorfeld lässt sich oft kaum abschätzen, ob eine Kündigung seitens des Unternehmens vor Gericht Bestand hat. Gerade deshalb enden viele Prozesse mit der freiwilligen Zahlung einer Abfindung. Wichtige Voraussetzung dafür ist allerdings: Es muss rechtzeitig eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht durch den Mitarbeiter eingereicht werden, ansonsten wird die Kündigung wirksam und für eine Abfindung besteht keine Verhandlungsposition mehr. Die Grundregeln einer solchen Kündigungsschutzklage hat karrierebibel.de nochmals detailliert zusammengefasst.
(Bilder: Bild 1: Word-Grafik | Bild 2: 77121919 – Mediator © jesadaphorn | Bild 3: 101742117 – Arguing. © BillionPhotos.com | Bild 4: 84171690 – Huge legs with small businessman standing in front concept © ra2 studio)