Wachstum im Unternehmen und in den Staaten – ein Exkurs

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Kennzahlen Länder im Vergleich - Wachstum und Bruttosozialprodukt BIPWachstum ist wichtig. Aber wofür? In einem Unternehmen ist Wachstum für eine erfolgreiche Geschäftsentwicklung unerlässlich. Wachstum ist die Basis der Unternehmensstrategie. Das gilt für alle Unternehmen und und ganz besonders auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU).

Kennzahlen der Staaten im Vergleich

Doch wie sieht es mit dem Wachstum in der Welt aus? Eine Reise nach Brasilien, die ich kürzlich unternahm, hat mich angeregt, einmal über den Tellerrand zu schauen.  Für eine Weile weit weg von den Themen, mit denen ich mich als Unternehmensberater sonst täglich befasse, habe ich mir Gedanken über das weltweite Wachstum gemacht.

Brasilien eines der BRIC-Laender mit hohem Wachstum

 

Der Anlass: In den vergangenen Jahren wurden vor der Küste Brasiliens große Erdöl- und Gasvorkommen gefunden, die das südamerikanische Land in die Top Ten der Länder mit den größten Erdölreserven befördert hatten. Und obwohl aufgrund der Lage der Öl- und Gasvorkommen enorm hohe Kosten entstehen werden, sollen diese künftig gefördert werden. Warum? Weil man sich davon Einnahmen in Milliardenhöhe, Wohlstand für die Menschen, kurzum ein wesentliches Wachstum für das Land erhoffte.

Heute, einige Jahre später hat sich das schon wieder geändert. Der Weltmarktpreis für Öl ist aufgrund der Interventionen von Saudi Arabien zusammengebrochen. Die brasilianische Mineralölgesellschaft befindet sich in einem schweren Korruptionsskandal. Deren Aktien haben in den letzten Jahren um mehr als 70 % eingebüßt. Die Regierung ist von Misswirtschaft und Korruption durchsetzt. Das Land befindet sich in einer schweren Wirtschaftskrise: Moody’s hat Brasilien auf Ramschniveau herabgestuft!

Wachstum: Indikator für eine gut funktionierende Wirtschaft

Wachstum gilt also als Kennzahl für Wohlstand und Lebensqualität. Darüber darf man streiten und das wird auch ausgiebig getan. Unstrittig ist aber, dass Wachstum ein Indikator für eine funktionierende Wirtschaft ist. Daher ist Wirtschaftswachstum in vielen Volkswirtschaften auch eines der Hauptziele staatlicher Wirtschaftspolitik. In Deutschland ist stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum im Stabilitäts- und Wachstumsgesetz (StabG) von 1967 (zuletzt 2006 geändert) als Ziel der Wirtschaftspolitik verankert. Im so genannten magischen Viereck sind diese wirtschaftspolitischen Ziele genannt:

  1. Angemessenes und stetiges Wirtschaftswachstum,
  2. Preisniveaustabilität,
  3. Hoher Beschäftigungsstand und
  4. Außenwirtschaftliches Gleichgewicht.

Bruttoinlandsprodukt, Einwohner und Wachstum: Kennzahlen wichtiger Länder im Vergleich

Und wie steht es nun um das Wachstum im Vergleich der Nationen und Volkswirtschaften rund um den Erdball? Zu dieser spannenden Frage habe ich einige Recherchen angestellt.

Indikator für Wachstum: Das Bruttoinlandsprodukt

Mit dem so genannten Bruttoinlandsprodukt BIP werden die Länder der Welt auf wirtschaftlicher Ebene miteinander verglichen. Das BIP ist ein Maßstab für die wirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft innerhalb eines Jahres, also in etwa das, was das jeweilige Land in einem Jahr produziert.

Kennzahlen: Bruttoinlandsprodukt BIP
Bruttoinlandsprodukt BIP

Ganz vorne liegen die USA mit 14.256.275 Millionen $ im Jahr 2011. Eine Zahl, die man sich als Normalbürger nicht mehr richtig vorstellen kann.

Kennzahlen Einwohner in Millionen
Einwohner in Millionen

Besser versteht man das, wenn das BIP eines Landes pro Einwohner betrachtet wird. Das liegt nämlich in den USA (311 Millionen Einwohner) im Jahr 2011 bei 48.107 $. Man kann also sagen, dass in den USA 2011 im Durchschnitt ein Einwohner 48.147 $ erwirtschaftet hat. Ganz schön viel. Aber es geht noch besser. Mit 122.272 $ pro Einwohner im Jahr 2011 steht Luxemburg auf dieser Liste ganz oben. Deutschland landet mit 44.556 $ pro Einwohner immerhin auf Platz 19 im Ranking der Länder, noch vor Frankreich, aber nach den Niederlanden und Belgien. Zum Vergleich: Brasilien steht (noch) mit 12.917 $ auf Platz 54 nach Russland und Litauen. China erreicht mit 5.184 $ Platz 90, und am Ende finden sich die volkswirtschaftlich schwächsten Länder, wie  zum Beispiel Afghanistan auf Platz 166 von insgesamt 181 Plätzen mit 575 $ Wirtschaftsleistung pro Einwohner im Jahr 2011.

Kennzahlen Bruttoinlandsprodukt BIP je Einwohner
Bruttoinlandsprodukt BIP je Einwohner

Zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit eines Landes gehören viele Faktoren

Doch bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit spielt immer auch die Größe des Landes, die Anzahl der Einwohner, das BIP insgesamt, also nicht nur auf einen Einwohner bezogen, eine wichtige Rolle. So steht zwar z. B. Luxemburg mit seinem BIP pro Einwohner im Ländervergleich auf Platz eins und Deutschland auf Platz 19. Doch das wesentlich größere Deutschland erzielt mit seinem BIP weltweit Platz vier (nach USA, Japan und China) während Luxemburg mit Platz 70 im Mittelfeld steht.

Erwartetes Wachstum ist entscheidend

Genauso wie für die Zukunft eines Unternehmens, ist auch für die Zukunft eines Landes das erwartete Wachstum entscheidend. Die etablierten Länder der Welt wie die USA, Deutschland und Japan haben die großen Wachstumsphasen hinter sich und erwarten in den nächsten Jahren nur moderate Wachstumssteigerungen. Den USA steht mit einem jährlichen Wachstum von 2,7 Prozent in den Jahren 2011-2017 noch ein respektables Wachstum bevor. Deutschland erwartet lediglich 1,4 Prozent Wachstum pro Jahr und Japan noch 1,9 Prozent.

Kennzahlen erwartetes Wachstum 2011-2017 in %

Spektakulär: Erwartetes Wachstum in den BRIC-Ländern 

Alles andere als moderat stellt sich das erwartete Wachstum in den BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) sowie im Mittleren Osten dar. Diesen so genannten Schwellenländern stehen in der Aufholjagd aufregende Wachstumsraten in den Jahren 2011-2017 bevor, wie die nebenstehende Grafik zeigt. Ganz vorn liegt Indien mit 8,4 Prozent Wachstum pro Jahr. Auch Brasilien legt jährlich mit respektablen 4,7 Prozent Wachstum zu.

Wachstum in den Ländern der „zweiten Welle“ nimmt an Fahrt auf

Immer mehr Aufmerksamkeit erhalten neuerdings die Länder der „zweiten Welle“. Das sind Mexiko, Chile, Südafrika, Polen, Türkei, Thailand, Indonesien und Vietnam. Für die kommenden Jahre beziffern Fachleute etwa das jährliche Wachstum von Südafrika auf 4,3 Prozent und von Mexiko auf 3,8 Prozent.

USA und Deutschland verlieren in Sachen Wachstum an Bedeutung

Die etablierten Länder wie die USA, Deutschland und Japan verlieren in Sachen Wachstum und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im globalen Ländervergleich an Bedeutung. 2011 verbuchten sie noch einen Anteil von knapp 40 Prozent am weltweiten Bruttoinlandsprodukt. Doch bis 2017 wird hier ein Minus von 2,4 Prozentpunkten zu verzeichnen sein. Die BRIC-Länder und die Schwellenländer hingegen werden um 3,7 Prozent zulegen.

Kein Wachstum bedeutet Stagnation

Und was, wenn das Wachstum ganz ausbleibt? Dann spricht man von Stagnation, und damit von einer Wirtschaftssituation, in der es kein Wachstum, aber auch keinen Rückgang gibt. Im Jahresvergleich sinkt die Wirtschaftsleistung zwar nicht, bleibt aber auf dem gleichen Niveau stehen. Hinsichtlich der Folgen gibt es eine technische und eine psychologische Betrachtungsweise.

Die technische Sicht: Ohne Wachstum weniger Arbeitsplätze

Technisch betrachtet bedeutet ausbleibendes Wachstum, dass die Wirtschaft nicht stürzt, aber auch keine Weiterentwicklung zu erwarten ist. Die Rationalisierung schreitet weiter voran, aber die dadurch eingesparten Arbeitsplätze werden nicht ersetzt. So kommt es insgesamt zu einer Verringerung der Arbeitsplätze.

Die psychologische Sicht: Ohne Wachstum steigt die Angst vor Rezession

Die psychologische Betrachtungsweise ist vielschichtiger: Gibt es kein Wachstum, dann geht die Angst um, dass es zu einer Rezession, also zu einem Wirtschaftsabschwung kommt. Damit verbunden ist auch die Angst, den Job zu verlieren. Viele Menschen versuchen in solchen Zeiten, „ihre Schäfchen ins Trockene zu bringen“ – und verkaufen an der Börse ihre Aktien. Die geringe Nachfrage bewirkt wiederum, dass die Börsenkurse stürzen. Das zwingt die Wirtschaft auf den Sparkurs, die Kosten müssen gesenkt werden, und das geschieht nicht selten über einen Abbau von Arbeitsplätzen.

Kein Wachstum? Dann muss der Staat reagieren!

Sobald sich abzeichnet, dass die Wirtschaft kein Wachstum verzeichnen wird, also schon lange vor dem Beginn einer Stagnation, sollte der Staat reagieren. So können Regierungen beispielsweise zusätzliche Aufträge vergeben, um Arbeitsplätze zu sichern und die Wirtschaftslage zu stabilisieren. Auch wenn ein Staat nicht alles auffangen kann, was durch ein ausbleibendes Wachstum verursacht wird, kann er, etwa durch Wirtschaftsförderungen, eine gewisse Hilfestellung bieten.

Eine Antwort zu “Wachstum im Unternehmen und in den Staaten – ein Exkurs”

  1. Im TV war neulich von einer Konferenz der BRICS-Staaten die Rede. Bisher kannte ich jedoch nur die BRIC-Staaten.

    S steht übrigens für Südafrika und ist wohl in diesen Verbund mit aufgenommen worden, oder wie verhält sich das?

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