Bedarfe und Probleme bei Unternehmensgründung 40 plus

 Unternehmensgründung 40 plus im Trend der Zeit bei älteren Gründerinnen und Gründern

Unternehmensgründung 40 plus im Trend der Zeit

Arbeitsplätze im Angestelltenverhältnis stellen im Gegensatz zur Beschäftigungssituation Ende der achtziger und Anfang der neunziger Jahre heute keine Lebensgarantie dar. Die moderne Arbeitssituation in Deutschland fordert auch von Menschen 40 plus eine Neuorientierung im fortgeschrittenen Altersleben. Heute sind ältere Existenzgründer noch die Ausnahme, aber mit dem demografischen Wandel wird es für mehr Menschen erforderlich sein, am Ende des Berufslebens (erneut) ein Unternehmen zu gründen. Älteren Menschen und ihrem vielfältigen Potenzial muss in der Gründungsberatung mehr Beachtung geschenkt werden, um ihnen selbst die Möglichkeiten aufzuzeigen und mehr Gründungen Älterer anzuregen. Mit diesem Thema beschäftigt sich auch eine Studie des RKW Kompetenzzentrums.

Diese Fragen stehen bei der  Unternehmensgründung 40 plus im Mittelpunkt:

  • Welche spezifischen Merkmale charakterisieren die heterogene Gruppe der älteren Gründer?
  • Welche Probleme begleiten ältere Gründer im Gründungsprozess und welche Rahmenbedingungen werden benötigt, um im Alter den (erfolgreichen) Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen?

Unternehmensgründung 40 plus: Probleme im Gründungsprozess

Im weltweiten Vergleich nimmt Deutschland bei der öffentlichen Förderinfrastruktur einen vorderen Platz ein. Schwächen werden hinsichtlich der gesellschaftlichen Werte und Normen und in der gründungsbezogenen Ausbildung gesehen. Auch ist die Angst vor dem Scheitern in Deutschland traditionell groß. Die Aspekte „gesellschaftliche Wertschätzung“ und „gründungsbezogenes Know-how“ sowie die Frage der Finanzierung und die Angst vor dem Scheitern sind besonders bei älteren Menschen von großer Bedeutung.

1. Finanzierung bei  Unternehmensgründung 40 plus

Die Finanzierung des Gründungsgeschehens in Deutschland ist charakterisiert durch eine erhebliche Zahl von Gründungen ohne nennenswerten Mittelbedarf oder mit einem Gesamtmittelbedarf im Mikrobereich. Unter 20 Prozent aller Gründer geben Finanzierungsschwierigkeiten an. Zunehmend greifen Gründer auf eigene finanzielle Ressourcen zurück.

2. Akzeptanz älterer Gründer in der Gesellschaft

In Deutschland sind viele ältere Arbeitnehmer und Bewerber Vorurteilen und Diskriminierungstendenzen ausgesetzt. Dies dürfte sich auch im Falle einer Existenzgründung im fortgeschrittenen Alter niederschlagen und dazu führen, dass eine eigene Existenzgründung im fortgeschrittenen Alter abgelehnt wird, da das Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit sinkt.

3. Angst vor dem Scheitern

In Deutschland bestehen fünf Jahre nach der Gründung nur noch etwa 40 bis 50 Prozent. In Zeiten der Rezession sinken die Überlebenschancen eines Unternehmens weiter. Aber auch die Angst zu scheitern dürfte sich auswirken und ist für eine von vornherein geringere Gründungsbereitschaft zu berücksichtigen: Tatsächlich bejahen knapp 50 Prozent der Bevölkerung zwischen 18 und 64 Jahren die Frage, ob die Angst zu scheitern sie davon abhalten würde, ein Unternehmen zu gründen. Deutschland liegt im internationalen Vergleich damit an fünfter Stelle.

Daten und Fakten: Merkmale einer Gründung

Der Großteil der älteren Gründer ist verheiratet und hat eigene Kinder. Frauen sind gegenüber dem Anteil von Männern in den älteren Alterskohorten weit überrepräsentiert. Der hohe Frauenanteil lässt vermuten, dass unter älteren Frauen durchaus Gründungspotenzial vorhanden ist. Bei den  Unternehmensgründung 40 plus handelt es sich insbesondere um Neugründungen; Übernahmen gibt es kaum. Ein Grund für die geringe Zahl von Übernahmen auch bei älteren Gründern – trotz der ihnen zugesprochenen Fähigkeit, mit Menschen (Kunden etc.) gut umgehen zu können – kann im damit verbundenen häufig sehr hohen Kapitalbedarf liegen. Ältere Personen haben weniger Zeit, Gewinne zu erwirtschaften, die ihr eingesetztes Kapital amortisieren können. Auch Re-Starter sind unter den älteren Gründern kaum vertreten. Viele gescheiterte Erstgründer nehmen eine zweite Chance nicht wahr.

Bedarfe und Probleme bei  Unternehmensgründung 40 plus Gründersicht

Die nachfolgende Tabelle zeigt die größten Problemfelder der Gründer in den verschiedenen Gründungsphasen:

Mehr als zwei Drittel der älteren Gründer wünscht sich Beratungsangebote speziell für Ältere. Knapp zwei Drittel würde eine Beratung speziell für Ältere in Anspruch nehmen.

Zitat einer Gründerin:

Ein bisschen hilflos ist man schon, wenn man gründet. Ich würde mir wünschen, dass es Anlaufstellen gibt, die einem wirklich kompetent zur Seite stehen, die sich am Geschäftsmodell und an der Persönlichkeit orientieren, um die Idee nachhaltig tragfähig zu machen. Ich hatte den Eindruck, dass nicht der Mensch mit all seinen Fähigkeiten und Talenten bei der Gründung im Vordergrund steht, sondern dass man sich nur nach Zahlen und Statistiken richtet. Das zeigt ein Satz, der mir während der Gründungsphase über den Weg lief: ‚Hier haben wir keine Erfahrungswerte, das ist was total Neues, dies können wir nicht unterstützen.’ So haben neue Ideen kaum Chancen, erfolgreich umgesetzt zu werden.

Existenzgründer zur  Unternehmensgründung 40 plus zeigen besondere Bedarfe:

  • „Finanzierungsformen speziell für Ältere“
  • „schnellere, einfachere und kostengünstigere Abwicklung des formalen Gründungsprozesses“
  • „Versicherung für den Fall eines Scheiterns“
  • „Begleitung während des gesamten Gründungsprozesses“
  • „Begleitung über den Gründungsprozess hinaus“
  • „für eine Gründung notwendige thematische Qualifizierungsangebote speziell für Ältere“
  • „mehr Unterstützung von Familie, Freunden und Bekannten“
  • „mehr Selbstvertrauen und Mut, ein Unternehmen zu gründen“

Weitere Schwierigkeiten betreffen die (überwiegend kaufmännische) Qualifizierung. Ein Viertel klagt über

  • Probleme bei der Businessplanformulierung
  • unzureichendes Wissen in rechtlichen Fragen
  • fehlendes Know-how im Bereich Finanzierung
  • fehlendes Know-how im Bereich Controlling / Rechnungswesen

Finanzierungsbedarf

Gründer müssen bei der Qualität der Businesspläne ansetzen. Sie müssen sich allgemein zum Bereich Finanzierung Wissen aneignen. Die Berater müssen sowohl auf Finanzierungsschwierigkeiten eingehen als auch auf die Notwendigkeit der Nachfolgeregelung hinweisen und Unterstützung bieten. Die Politik muss Rahmenbedingungen für Finanzierungsmöglichkeiten schaffen, sodass ältere Gründer mit innovativen Konzepten an einen Kredit oder ein Förderdarlehen kommen, auch wenn ihnen Sicherheiten fehlen oder sie ein Alter erreicht haben, bei dem die Bank einen Kredit oder ein Darlehen normalerweise verweigerte.

Erfahrungs- und Ideenaustausch

Besondere Unterstützung für eine Vernetzung (z.B. Plattformen, die einen lockeren Austausch ermöglichen) könnte einen Mehrwert erzeugen. Im Austausch der Gründer untereinander bzw. mit erfahrenen Gründern und Unternehmern könnten die Gründen in verschiedenen Bereichen von zusätzlichen Ideen und Know-how profitieren. Marketingstrategien, die im gesamten Gründungsprozess und darüber hinaus wichtig sind, oder weiterführende Überlegungen im Controlling sind dabei nur Beispiele.

Gründungsberatung für Ältere

Auffallend ist beim Thema „Gründungsberatung speziell für Ältere“ der Beratungsbedarf der älteren Gründer. Eine Gründung wird weniger als Chance denn als Notwendigkeit gesehen. Kaum beachtet wird dagegen, dass Ältere über ihren eigenen Bedarf hinaus gründen können und hierfür auch ausgesprochen gutes Potenzial haben.

Angst vor dem Scheitern

Die Angst zu scheitern ist traditionell in Deutschland über alle Gründergruppen hinweg weit verbreitet. Im Zusammenhang mit einer schlechten Finanzierungssituation kann angenommen werden, dass die Angst zu scheitern durch wachsende Unsicherheiten zunimmt und ggf. zum vorzeitigen Abbruch des Gründungsvorhabens führt. Es ist davon auszugehen, dass die Angst zu scheitern bei älteren Gründern ausgeprägter ist als bei jüngeren, da sie existenzieller ist. Die Tatsache, dass ein Wiedereinstieg ins Berufsleben nach einem Scheitern für ältere gescheiterte Gründer schwerer ist als für jüngere, darf nicht vernachlässigt werden. Die Gründung, der Schritt ins Ungewisse, werden ältere potenzielle Gründer daher eher als letzte Chance verstehen, für die sie zudem Sicherheiten aufgeben müssen. Beides trägt zur Erhöhung der Ängste bei.

Gründungsspezifisches Know-how

Spezifisches Know-how zur Gründung und Führung eines Unternehmens ist weniger eine Frage des Alters, sondern vor allem eine Frage der (beruflich gewachsenen) Qualifikation des jeweiligen Gründers.

Ältere Gründer und ihre Akzeptanz in der Gesellschaft

Insgesamt wird deutlich, dass es sowohl aus Sicht der Gründer als auch aus der Experten Probleme zu lösen gibt, die der Verbesserung der gesellschaftlichen Akzeptanz von Gründungen im fortgeschrittenen Alter zugrunde liegen: Die Verbesserung des Bildes älterer Menschen / Arbeitnehmer und die Verbesserung der Gründungskultur.

Zusammenfassung Unternehmensgründung 40 plus

Die demografische und arbeitsmarktspezifische Entwicklung bedingen eine stärkere Öffnung des Gründungsmarktes der Existenzgründung für ältere Gründerinnen und Gründer. Der Bedarf an Existenzgründungsberatung nimmt in dieser Sparte zu. Erfahrene Unternehmensberater, die fachspezifisches Know-how besitzen und auf die individuellen Probleme der Gründer eingehen können, sind noch rar.

Quelle: RKW Kompetenzzentrum – „2010_Studie_Ältere_Grunder

Foto: Fotolia © ArTo


Kommentare

2 Antworten zu „Bedarfe und Probleme bei Unternehmensgründung 40 plus“

  1. Ein sehr interessanter Bericht. Ich konnte mich hier sehr gut wiederfinden und interessante Aspekte für mich entdecken.

  2. Gerade für ältere Menschen – also Menschen ab 50, die arbeitslos werden, ist eine Existenzgründung wirklich häufig die beste Alternative. Man kann weiter freiwillig in die Rentenversicherung einbezahlen, wird 9 Monate lang existenzsichernd gefördert, und falls man später mal „Durststrecken“ überbrücken muss, ist man durch die Arbeitslosenversicherung für Selbstständige beruhigend abgesichert – zu einem wirklich fairen Kurs. Also gerade für Menschen, denen sonst die Langzeitarbeitslosigkeit drohen könnte – mit verheerenden Konsequenzen – ist eine selbstständige Tätigkeit überlegenswert, z.B. als Dozent oder Dienstleistungs-Freelancer. Danke für den umfassenden Überblick!

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