So wird das Mitarbeitergespräch mit Methode und ohne Stress ganz einfach
Ein Mitarbeitergespräch (auch Jahresgespräch genannt) zu führen – das ist für so manchen Vorgesetzten der wahre Horror. Kein Wunder, dass er keine Zeit und immer neue Ausreden findet. Unschön ist das vor allem für den Mitarbeiter, der wissen sollte, wo er steht, wie der Vorgesetzte ihn sieht, welche Entwicklungspotenziale es im Unternehmen für ihn gibt.
Meist keine Methodik für Mitarbeitergespräche in KMU
Dafür ist so ein Mitarbeitergespräch gedacht. Das Jahresgespräch ist ein Führungsinstrument und gilt auch der Personaentwicklung. Doch gerade in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) gibt es dafür keine Methodik. Das macht man dann mal eben zwischendurch, womöglich im Büro des Chefs, unterbrochen von Telefon, E-Mails und anderen Mitarbeitern. Womit wir übrigens schon bei einer der wichtigsten Regel für erfolgreiche Mitarbeitergespräche wären: Zeit!
Was ist ein erfolgreiches Gespräch?
Aber was macht ein Mitarbeitergespräch eigentlich „erfolgreich“? Wie führen Sie es so, dass es auch einen Mehrwert für Ihr Unternehmen bringt? Denn das müssen Sie sich vor Augen halten: Sie sind nicht der Sozialdienst! Zwar sind Sie dafür zuständig, dass es Ihren Mitarbeitern im Unternehmen gut geht, dass sie ihren Fähigkeiten entsprechend eingesetzt werden und sich weiterentwickeln können. Aber Sie müssen auch dafür sorgen, dass Ihr Unternehmen Gewinne erwirtschaftet, sich ebenfalls weiterentwickelt und wettbewerbsfähig bleibt.
Jahresgespräch – das Beurteilungsgespräch als Führungsinstrument
Doch der Reihe nach. Zunächst einmal gibt es verschiedene Arten von Mitarbeitergesprächen. Die gängigsten sind das Beurteilungsgespräch, das Feedback-Gespräch und das Kritikgespräch. In diesem Beitrag geht es um das Beurteilungsgespräch, das in der Regel ein Mal im Jahr geführt wird. Deshalb auch Jahresgespräch genannt.
Zehn Tipps für ein erfolgreiches Mitarbeitergespräch
Mit den folgenden zehn Tipps führen Sie als Chef in einem kleinen oder mittelständischen Unternehmen erfolgreiche Mitarbeitergespräche – solche, aus denen Ihre Mitarbeiter und Sie selbst mit einem guten Gefühl und hoher Motivation herausgehen.
1. Ein Mitarbeitergespräch ist kein Gehaltsgespräch
Leider verwechseln Mitarbeiter und Vorgesetzte allzu oft ein Mitarbeitergespräch mit einem Gehaltsgespräch. Dabei haben beide zunächst nichts miteinander zu tun. Wenn der Mitarbeiter eine Gehaltsveränderung erwartet, dann steht das Jahresgespräch unter großer Spannung. Deshalb gehören Gehaltsthemen nicht in ein Mitarbeitergespräch.
2. Das Thema des Mitarbeitergesprächs muss klar sein
Lassen Sie Ihren Mitarbeiter nicht raten, worum es im Jahresgespräch geht. Schon bei der Einladung müssen Sie das Thema klar benennen. Meistens geht es um eine Beurteilung des Mitarbeiters, um seine Leistungen, um seine Kooperationsfähigkeit, um seine Kundenorientierung, seine persönliche Weiterentwicklung etc.
3. Ein Mitarbeitergespräch ohne Vorbereitung geht nicht
Sie als Vorgesetzter müssen es tun, Ihr Mitarbeiter sollte es auch tun: sich auf das Mitarbeitergespräch vorbereiten. Am besten haben Sie dazu den Mitarbeiter (sowie alle Ihre Mitarbeiter) während des gesamten Jahres beobachtet: Wie arbeitet er? Wie verhält er sich anderen gegenüber? etc. Machen Sie sich Notizen und nehmen Sie sich – falls vorhanden – noch einmal das Protokoll vom Mitarbeitergespräch des vergangenen Jahres vor. Standardisierte Beurteilungsbögen (wir kommen später darauf zurück) erleichtern Ihnen die Arbeit und ermöglichen eine objektive Beurteilung. Fordern Sie Ihren Mitarbeiter ebenfalls zur Vorbereitung auf, zum Beispiel anhand eines solchen Blanko-Beurteilungsbogens.
4. Nehmen Sie sich Zeit für das Gespräch
Wie eingangs erwähnt, ist genügend Zeit eines der wichtigsten Kriterien für stressfreie und erfolgreiche Mitarbeitergespräche. Kein vernünftiges Jahresgespräch ist in 15 Minuten abgehakt. Setzen Sie mindestens eine, besser zwei Stunden an. Zum einen müssen Sie stets auf Unvorhergesehenes vorbereitet sein und darauf angemessen reagieren können. Zum anderen drücken Sie Ihre Wertschätzung gegenüber dem Mitarbeiter aus, wenn Sie mit ausreichend Zeit ins Mitarbeitergespräch gehen. Auch das gemeinsame Erarbeiten von Lösungen ist nur mit genügend Zeit möglich. Nehmen Sie sich diese Zeit – auch in Ihrem eigenen Interesse.
5. Keine Störungen während der Mitarbeitergespräche
Ebenso wichtig wie ein ausreichend großes Zeitfenster sind Raum und Bedingungen für das Jahresgespräch. Führen Sie das Gespräch in einem neutralen Raum, wenn möglich nicht in Ihrem eigenen Büro oder im Büro des Mitarbeiters, und schon gar nicht vor anderen Beschäftigten. Telefon, Handy, Smartphone, E-Mails – alles tabu! Andere Personen haben während der Mitarbeitergespräche nichts im Gesprächsraum verloren.
6. Führen Sie das Gespräch sachlich und konkret
Sie als Führungskraft führen das Gespräch! Allerdings wünschen sich Ihre Mitarbeiter verständlicherweise auch Raum für eigene Gedanken, die sie loswerden möchten. Geben Sie ihnen diesen Raum. Lassen Sie sich jedoch keinesfalls provozieren und werden Sie nicht persönlich, auch wenn das manchmal schwerfällt. Verallgemeinern Sie nicht (z.B. „Seien Sie nicht immer so unfreundlich.“), sondern bleiben Sie sachlich und benennen Sie, wenn Kritik nicht zu vermeiden ist, diese stets ganz konkret (z. B. „Es ist nicht akzeptabel, dass Sie zu Frau XY am Telefon so unfreundlich sind, wie das vergangene Woche der Fall war.“).
7. Persönliches gehört nicht ins Mitarbeitergespräch
Zwischenmenschliche Themen sollten sie aus Mitarbeitergesprächen heraushalten. Es geht um die Sache, um die Aufgaben- und Leistungserfüllung des Mitarbeiters gemäß Stellenbeschreibung (hoffentlich liegt eine vor) oder Zielvereinbarung (sofern es eine gibt). Dennoch ist das „soziale Gefüge“ im Unternehmen manchmal schwer aus so einem Mitarbeitergespräch herauszuhalten. Am Arbeitsplatz kann niemand erwarten, dass die Menschen einander mögen. Vielleicht behindert ein zwischenmenschliches Problem den Mitarbeiter in seiner Arbeit so sehr, dass es nicht nur ihm, sondern auch Ihrem Unternehmen schadet. Dann braucht das Thema natürlich seinen Platz. Sie als Chef müssen entscheiden, ob es so viel Raum einnimmt, dass ein separates Gespräch darüber nötig ist.
8. Finden Sie einen Konsens im Mitarbeitergespräch
Im Jahresgespräch darf es nicht darum gehen, den Mitarbeiter „kaputtzumachen“. Ganz im Gegenteil: Es ist wichtig, den Mitarbeiter aufzubauen. Die Anerkennung seiner Leistungen gehört an den Anfang. Kritik sollte möglichst vermieden werden, ist aber nicht immer auszuschließen. Finden Sie gemeinsam mit Ihrem Mitarbeiter Verbesserungspotenziale.
9. Entwickeln Sie eine gute Methodik für das Mitarbeitergespräch
Es gibt viele Methoden, das Jahresgespräch zu führen. Die von mir angeregte erhebt nicht den Anspruch, der Weisheit letzter Schluss zu sein. Ich weiß aber aus Erfahrung, dass sich diese Methodik gut eignet, auch in kleinen und mittelständischen Unternehmen ein gutes Mitarbeitergespräch zu führen.
Stärken: Die Sicht des Mitarbeiters
Der Mitarbeiter listet im Selbstbild seine Stärken, immer bezogen auf seinen Verantwortungs- und/oder Aufgabenbereich auf. Der Chef nimmt das zur Kenntnis und hinterfragt den einen oder anderen Punkt.
Stärken: Ihre Sicht als Chef
Sodann listet der Chef im Fremdbild ebenfalls die Stärken des Mitarbeiters auf. Auch der Mitarbeiter darf die dargestellten Stärken hinterfragen.
Übereinstimmungen und Dissens
Manchmal sind der Vorgesetzte und der Mitarbeiter erstaunt über die (abweichende) Einschätzung der anderen Seite. Darüber gibt es dann Redebedarf und am Ende die Erkenntnis, dass die andere Sichtweise möglicherweise auch begründet und richtig ist. Aber es wird auch Fälle geben, wo Ihr Mitarbeiter sich nach dem Gespräch immer noch anders sieht, als Sie es tun. Es ist wichtig, dass Sie diesen Dissens festgehalten und vereinbaren, das Thema in der nächsten Zeit zu beobachten. So nutzt der Vorgesetzte Mitarbeitergespräche als Führungsinstrument, auch zur Personalentwicklung.
Gleiches Vorgehen bei den Verbesserungspotentialen
Nennen Sie es nicht „Schwächen“. In den Bereichen, in denen sich Ihr Mitarbeiter verbessern will und kann, gibt es Verbesserungspotentiale. Der Ablauf ist der gleiche wie bei den Stärken.
Wichtig ist, dass Sie im Mitarbeitergespräch gemeinsam die Potenziale erkennen. Diese Phase schließt mit einem wichtigen Punkt ab: Halten Sie drei bis fünf Dinge fest, an deren Verbesserung der Mitarbeiter in der nächsten Zeit arbeiten wird. Vom Vorgesetzten wird dabei Hilfestellung erwartet. Zum Beispiel durch bessere Arbeitsmaterialien (Software etc.), eine Fortbildung oder ein „Training on the Job“.
10. Ergebnisse der Mitarbeitergespräche festhalten
Halten Sie die Ergebnisse des Mitarbeitergesprächs schriftlich fest. Nach Möglichkeit sollten Sie und auch Ihr Mitarbeiter ein Protokoll unterschreiben. Vielleicht haben Sie auch einen konkreten Plan erarbeitet, um an bestimmten Stellen Verbesserungen herbeizuführen. Keinesfalls dürfen aber das Protokoll oder sonstige Aufzeichnungen in der Mitarbeiterakte verstauben. Vielmehr müssen Sie in regelmäßigen Abständen die getroffenen Vereinbarungen und deren Fortschritte verfolgen. Sonst hat das Jahresgespräch wenig Sinn gehabt. Gegebenenfalls kann ein Mitarbeitergespräch außer der Reihe eine Kurskorrektur bewirken.
Lesen Sie auch im Blog von Lambert Schuster:
Fünf Don’ts als Führungskraft und Unternehmer in KMU
Zwei weitere interessante Artikel zum Thema Mitarbeitergespräch:
„Die Zeit“, 21. März 2012:
So wird das Mitarbeitergespräch zum Erfolg
„brandeins“, Ausgabe 09/2013:
Sie kriegen es nicht mehr hin in diesem Leben, oder?
(Fotos pixelio: © Hans Braxmeier bearbeitet Gerd Altmann | © isinor | Fotolia: © xiller | © Minerva Studio)
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