Gastbeitrag von Daniela Schulte, Schulte Unternehmensberatung
Crowdfinancing, Crowdinvesting, Crowdfunding – auf dem Crowdday der IHK Köln am 26.3.2015 drehte sich alles um die jungen Finanzierungsformen im Schwarm. Kurzpräsentationen im 20-Minuten-Rhythmus nach Branchen, Plattformen, Anbietern und den verschiedenen neuen Finanzierungsspielarten – ein gut gefüllter und interessanter Tag. Wie wichtig Crowdinvesting für Start-Ups mittlerweile geworden ist, zeigt die folgende Abbildung:
(Quelle: Crowdday IHK, Volumen des Crowdinvesting-Marktes)
Vor drei Jahren noch in der Bedeutungslosigkeit, hat sich Crowdinvesting zu einem kleinen (im Vergleich zum gesamten Kreditmarkt), aber extrem wachsenden Segment gemausert. Die Finanzierungen liegen in der Regel zwischen 25 TEUR und 500 TEUR. Größere Summen sind die absolute Ausnahme.
Aber worum geht es beim Crowdinvesting eigentlich und wie differenzieren sich die Anbieter? Die Plattformen Fundsters und FunderNation gehören neben Seedmatch, Companisto, Innovestment und funded by me zu den größeren Anbietern von Crowdinvesting im Markt und haben ihr jeweiliges Geschäftsmodell auf dem Crowdday vorgestellt. Die Aussagen zu den Plattformen wurden den Präsentationen der Unternehmen entnommen.
Um die Größenordnungen einschätzen zu können: Fundsters beispielsweise hat bisher knapp 1 Mio. EUR über Crowdinvesting eingesammelt und damit 10 Start-Ups finanziert. Sehr überschaubare Summen, aber im konventionellen Kreditmarkt hätten diese Firmen gar keine Finanzierung und damit Chance bekommen. Interessant in diesem Zusammenhang der Blick auf die Insolvenzquoten: Im High Tech-Gründer-Fonds liegt die Insolvenzquote laut Aussage beim Crowdday bei ca. 50%, im Crowdinvesting deutlich niedriger. Dies kann daraus resultieren, dass Crowdinvesting einfach ein sehr junges Segment ist und die Insolvenzen noch auftreten. Oder aber vielleicht ist es auch die Schwarmintelligenz. Durch die offene und öffentliche Diskussion des Geschäftsmodells werden Fehler vermieden und sinnvolle Anregungen gegeben. Das ist auch der Hauptgrund für Crowdinvesting: Ein Start-Up kann einen riesigen Zusatznutzen aus der Crowd ziehen. Vertragstexte können gegengecheckt, Gestaltungshinweise gegeben, Türen für den Produktabsatz geöffnet werden. Letztlich werden über Crowdinvesting Kontakte aufgebaut und viele Tipps und Feedback aus der Crowd kostenlos eingesammelt. Crowdinvesting wirkt dabei wie ein Multiplikator. Auch Feedback zu den Produkten und Dienstleistungen gibt die Crowd – wertvolle Marktforschung ohne teures Budget. Last but not least: Ziel der Anleger beim Crowdinvesting ist nicht als erstes die Rendite, sondern die Markenbildung. Die Crowd möchte an einer tollen Unternehmensstory teilhaben.
Beim Crowdinvesting über Fundsters gehen die Investoren eine typisch stille Beteiligung an Fundsters VC ein, die wiederum eine atypisch stille Beteiligung am Start-Up eingehen. Bewertet werden die Start-Ups nach VC-Methoden anhand einer Plan-GuV-Rechnung. Nach dem Proof of Market ist dann eine deutlich höhere Bewertung als nur anhand des Businessplans möglich.
Was bietet Fundsters laut eigener Aussage den Start-Ups?
- Sicherheit durch ein BaFin-reguliertes Beteiligungsmodell
- Bilanzielles Eigenkapital
- Investorenbetreuung
- Finanzierungen auch über 100 TEUR, wobei Fundsters die Prospekthaftung übernimmt
- Planungssicherheit durch eine Beteiligungsdauer von mind. 5 Jahren
- Geringer administrativer Aufwand durch Pooling der Investorenrechte
Und was wird auf der anderen Seite den Investoren im Crowdinvesting bei Fundsters geboten?
- Die Möglichkeit, an Venture Capital auch mit kleinen Beträgen zu partizipieren
- Sicherheit durch ein BaFin-reguliertes Beteiligungsmodell
- Kontakt und Betreuung der Beteiligungen auch während der Beteiligungsdauer
- Erlebnis und aktive Teilnahme an einer Unternehmensstory
- Überdurchschnittliches Renditepotenzial durch unbegrenzte Teilnahme an Unternehmenserfolgen
- Pauschalbesteuerung 25% von Gewinnen
Ein Exit ist beim Crowdinvesting über Fundsters frühestens nach 5 Jahren möglich, um den Start-Ups eine gewisse Investitionssicherheit zu gewähren. Laufende Ausschüttungen erhalten die Investoren nicht. Die Investitionssumme zzgl. Ausschüttungen wird komplett am Ende der Laufzeit gezahlt. Damit trägt der Schwarm nochmals ein erhöhtes Risiko. Die vorstehenden Kriterien zeigen, dass bei den Investoren tatsächlich nicht die Rendite im Vordergrund stehen sollte – dafür sind die Risiken zu hoch und die Investoren haben letztlich keine wirkliche Kontrollmöglichkeit über ihr Geld. Die Erfolgsbewertung für die Investoren wird also noch ein paar Jahre warten müssen, bis die ersten Start-Ups ihre dauerhafte Zukunftsfähigkeit und die Plattformen ihre Seriosität bewiesen haben.
Fundsters selbst macht deutlich, dass Crowdinvesting nicht für alle Start-Ups geeignet ist. Erst einmal muss natürlich der Kapitalbedarf innerhalb der genannten Grenzen liegen. Zu große Gründungsvorhaben werden Probleme in der Abwicklung bekommen. Das Produkt selbst muss die Crowd begeistern können. Es sollte sich um eine Innovation handeln, die aber schon greifbar ist. Reine Hirngespinste haben keine Chance. Zumindest ein Prototyp sollte existieren. Das Geschäftsmodell muss nachhaltig sein und Wachstumspotenzial haben. Und natürlich muss das Team passen. Eine hohe Motivation und die notwendigen Fähigkeiten sind selbstverständlich.
Was unterscheidet nun FunderNation von der klassischen Form des Crowdinvesting z.B. bei Fundsters?
FunderNation verknüpft Crowdinvesting noch enger mit der VC-Welt. Die Vision sind wachsende Unternehmen mit steigendem Kapitalbedarf, der irgendwann dann auch nicht mehr durch die Crowd gedeckt werden kann. Spätestens dann sollten nach den Vorstellungen von FunderNation VC-Profis an Bord kommen und im optimalen Fall eine Ergänzung von Crowdinvesting und VC erfolgen. Allen ist dabei bewusst, dass VCs komplett andere Zielsetzungen hat als das dem Unternehmen, seinen Gründern und seiner Story sehr zugetane Crowdinvesting. VCs haben genau ein Ziel: den Gewinn zu maximieren. Nur das Ergebnis zählt und dafür will der VC mitreden. Aber eben auch oft voranbringen. Die notwendige Aufmerksamkeit für die Innovation des Unternehmens dagegen erreicht mit geringen Mitteln das Crowdinvesting. Es lässt den Unternehmer Unternehmer sein, verschafft ihm dazu seinen Markt. Will also nicht mitbestimmen wie der VC, sondern gibt nur Feedback. Mit einem Mix der beiden kann eine Win-Win-Situation entstehen: Es gibt neues Geld und die Erfahrung des VC, während dieser von den Marketingerfolgen mit profitiert.
Aber es ist ein langer Weg, bis Crowdinvesting und VC für beide sinnvoll zusammen finden: Lange Verhandlungen zu Investitionsbedingungen, Mitspracherechten und Exit sind zu erwarten. Laut FunderNation kann sich die Mühe für jede Seite lohnen. In der Theorie durchaus plausibel. Auch hier gilt jedoch abzuwarten, wie die Praxis aussehen wird. Sehr wahrscheinlich scheint es mir, dass die VC-Profis die Idealisten beim Crowdinvesting einfach überrollen werden.
Das zeichnet sich schon an den im Vortrag genannten Hürden ab:
- Investitionsbedingungen und Exit: VC verhandeln jeden Satz – für alle Investoren müssen gleiche Bedingungen gelten, auch für die vielen Investoren im Crowdinvesting. Der Exit ist nicht das vorrangige Ziel für Crowdinvesting. Genau diesen Exit und zwar möglichst schnell und profitabel will aber ein VC. Die Lösung könnte in einer vertraglichen Fixierung von Folge-Investments liegen.
- Anzahl der Investoren: Auf langwierige Diskussionen mit einer Vielzahl von Investoren hat ein VC keine Lust, Zeit und Geduld. Beim Crowdinvesting sind aber 100 Investoren und mehr keine Seltenheit. Die Regelung der Mitspracherechte aller Investoren dürfte da kein Zuckerschlecken werden, es sei denn, ein Investoren-Pooling auf Seite des Crowdinvesting gelingt.
Fazit: Der Markt für Crowdinvesting steht immer noch am Anfang. Ein Zusammenspiel von Crowdinvesting und VC noch mehr. Die Risiken und Erfolgsaussagen für Investoren können erst in einigen Jahren realistisch eingeschätzt werden. Aber für Start-Ups mit innovativen Konzepten, die es am konventionellen Kreditmarkt sehr schwer haben, ist es eine riesige Chance. Kapital und Markt wird ihnen geöffnet.
(Fotos: © ClipArt | © Daniela Schulte)
Daniela Schulte
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