Wappnen Sie sich bei einer Preisverhandlung gegen das Argument „Zu teuer“ und setzen Sie Ihren Preis beim Einkäufer durch.
Preisverhandlungen mit Kunden sind für viele Unternehmer, Freiberufler und vor allem Existenzgründer ein echter Horror. Der Kunde soll doch bitteschön einfach den kalkulierten Stundensatz bzw. Warenpreis akzeptieren und kaufen. Für die ganze Strategie rund um die Preisverhandlung mit dem Einkäufer braucht man eigentlich viel zu viel Zeit. Die kann man doch besser nutzen, als um Preise zu ringen.
Wenn Sie auch so denken und meinen, dass Preisverhandlungen eigentlich reine Zeitverschwendung sind, dann haben Sie etwas Grundlegendes aus dem Marketing- und Vertriebslexikon nicht verstanden. Verhandlungen über den Preis gehören nämlich nicht nur zum unternehmerischen Alltag, sondern sind auch ein Mittel, sich selbst am Markt zu positionieren bzw. Ihren Wert als Unternehmer, Dienstleister und Lieferant zu bestimmen und zu festigen. Ich möchte sogar behaupten, dass die Preisverhandlung ein wichtiges PR-Instrument ist und dass Sie, wenn Sie einmal verstanden haben, wie es richtig funktioniert, Ihren (angemessenen und gerechtfertigten) Preis jederzeit werden durchsetzen können.
Ein Fallbeispiel mit Regeln für die Preisverhandlung
Herr Huber führt eine solide Softwarefirma und bietet anspruchsvolle Apps für individuelle Kundenanwendungen. Fairness im Geschäftsleben ist für Herrn Huber ein hohes Gut. Über die Zeit hat er eine ordentliche Kalkulationssystematik geschaffen und kann die Aufwendungen für die Softwareentwicklung exakt abschätzen – die beste Grundlage für eine korrekte Preisfindung.
Dennoch gerät Herr Huber in Verhandlungen mit seinen Kunden bei der Preisargumentation immer wieder unter höchsten Stress. Denn es gibt Kunden, die seine Kalkulation infrage stellen und ihn richtig in die Zange nehmen. Manchmal ist er nach einem solchen Gespräch völlig entnervt und hätte Lust, „die Flinte ins Korn zu werfen“.
So erging es ihm auch in einer Preisverhandlung mit der Firma Gansberg GmbH. Eigentlich haben die Unternehmen ein ausgezeichnetes Verhältnis zueinander, auch persönlich kommen die beiden Chefs prima miteinander klar. Leider nutzte Herr Gansberg, in seiner Funktion als Einkäufer jüngst bei der Preisverhandlung zu einem neuen Projekt das vertrauensvolle Verhältnis zu seinen Gunsten aus.
Es ging um ein Folgeprojekt, für das eine neue App entwickelt werden musste. Herr Huber hatte gewissenhaft kalkuliert, den Stundenaufwand ermittelt und sein Angebot vorgelegt. Er wollte fair sein, hatte keine Reserven und keine Sicherheiten einkalkuliert. Sein Angebot war transparent. Die einzelnen Positionen und der zugehörige Stundenaufwand klar erkenntlich.
„Zu teuer“, kommentierte Herr Gansberg. Er hatte sich gut auf die Preisverhandlung vorbereitet. So sind Kunden, sie wollen und können knallhart verhandeln, unbequeme Fragen stellen, die Angebotspositionen auseinandernehmen und den Gesprächspartner in die Enge treiben. So fühlte sich auch Herr Huber in dem Verhandlungsgespräch immer mehr bedrängt und vor allem emotional und persönlich angegriffen – keine gute Voraussetzung für eine gekonnte Preisverhandlung.
In der Folge konnte Herr Huber den Stundenaufwand nicht mehr glaubhaft argumentieren, obwohl er ganz genau wusste, dass er nicht über das Ziel hinausgeschossen und im Gegenteil seine Preise im Sinne einer vernünftigen Umsatzrendite solide kalkuliert hatte. Dazu kam, dass er Herrn Huber den Eindruck vermittelte, den Auftrag (buchstäblich) um jeden Preis haben zu wollen. Genau an dieser Schwachstelle konnte Herr Gansberg ihn angreifen und ihn in die Enge treiben, um den Kaufpreis zu drücken. Die Einkäufer-Strategie von Herrn Gansberg in der Verhandlung war wohldurchdacht. Herr Huber hingegen hatte gar keine Strategie, er hatte sich auf seinen guten Namen, die persönliche Beziehung zu seinem Kunden und die Qualität seiner Arbeit verlassen. So manövrierte er sich bei der Preisverhandlung immer mehr in die Verteidigungsposition und damit in die Verliererrolle.
Wichtigste Regel bei Preisverhandlungen: Bereiten Sie sich auf „ZU TEUER“ vor.
Seien Sie gewappnet, der Satz fällt in der Preisverhandlung garantiert, egal, ob der Kunde ein gutes, ein persönliches oder ein rein geschäftliches Verhältnis mit Ihnen pflegt: „Das ist zu teuer“ oder wahlweise: „Das gibt mein Budget nicht her“ oder „Das bekomme ich woanders günstiger“.
Für Ihren Kunden geht es darum, die bestmögliche Leistung, Lösung oder Ware zum geringstmöglichen Preis zu bekommen. Bevor Sie aber dem Impuls nachgeben, Ihren Preis zu reduzieren, rufen Sie sich – unabhängig von der finanziellen Notwendigkeit Ihrer Preiskalkulation – noch einmal die eingangs erwähnte Außenwirkung ins Gedächtnis: Wenn Sie nur allzu leicht von Ihren solide kalkulierten Preisen oder Ihrem Stundensatz nach unten abweichen, dann erwartet der Kunde in Zukunft auch Kampfpreise. Und was noch schlimmer ist: Er erzählt gerne weiter, wie er, der gewiefte Einkäufer, es ganz einfach geschafft hat, Sie im Preis zu drücken. Das nehmen sich andere, für Sie interessante Unternehmen dann schnell als Beispiel und Ihr Preis ist dauerhaft im Keller
Bereiten Sie sich also darauf vor, dass in einer Preisverhandlung der Satz „Das ist zu teuer!“ fällt.
1. Fakten sammeln und Strategie erarbeiten
Bevor Sie in eine Preisverhandlung gehen, treten Sie ein Stück zurück und betrachten Sie das bevorstehende Gespräch aus der Sicht des Einkäufers. Distanzieren Sie sich vor allem auch von persönlichen Emotionen, etwa, weil Sie mit Ihrem Kunden ein freundschaftliches Verhältnis haben. Im Moment der Beauftragung ist der Inhaber oder Einkäufer seinem Unternehmen und dessen Rentabilität verpflichtet – genauso wie Sie Ihrem eigenen Unternehmen verpflichtet sind.
Herr Huber befindet sich gegenüber seinem Verhandlungspartner eigentlich in der besseren Position. Mit etwas Abstand würde er leicht erkennen, wie sehr Herr Gansberg seine Leistungen schätzt, denn als Einkäufer weiß er genau, dass die Qualität stimmt und Termine immer eingehalten werden. Herrn Huber ist bewusst, dass Herr Gansberg das Geschäft mit ihm machen will, und andere Lieferanten nicht infrage kommen. Das muss die Grundlage seiner Strategie in der Verhandlung sein. Mit diesem Wissen sollte es ihm leichtfallen, Herrn Gansberg spüren zu lassen, dass er nicht nachgeben wird und im Zweifelsfall sogar auf den Auftrag verzichten wird.
2. Entgegenkommen ohne eigenen Nachteil
Mit der (vermeintlich) ablehnenden Haltung macht Ihnen der Kunde unbewusst sogar eine Tür auf. Er sagt „Das ist zu teuer“ oder „Das gibt mein Budget nicht her“ und möchte, dass Sie ihm entgegenkommen. Jetzt aber einfach mit dem Preis herunterzugehen, wäre die schlechteste Lösung. Wenn überhaupt, dann sollten Sie dafür eine Gegenleistung verlangen. Ein Verhandlungsspielraum für Ihr Angebot muss also zwingend Teil Ihrer Strategie sein.
So könnte Herr Huber vorschlagen, den Leistungsumfang an weniger wichtigen Stellen zu reduzieren oder Zusatzleistungen zu einem günstigeren Preis zu erbringen, wenn diese für ihn mit unbedeutendem Aufwand verbunden sind. Mit dieser Taktik könnte er das Signal aussenden, dass er durchaus bereit ist, den Auftrag für weniger Geld zu erledigen, dass dann aber auch nicht der optimale Leistungsumfang gegeben ist.
Eine andere Möglichkeit für Herrn Huber, dem Unternehmen von Herrn Gansberg entgegenzukommen und trotzdem seinen Preis durchzusetzen, wäre ein verlängertes Zahlungsziel oder gar eine Ratenzahlung – selbstverständlich unter Berechnung eines marktüblichen Zinssatzes.
3. Nutzenargumentation
Die Nutzenargumentation ist das Zauberwort aus dem Vertriebslexikon der erfolgreichen Preisverhandlung. Legen Sie dem Kunden dar, welche Vorteile und welchen Nutzen er hat, wenn er Sie beauftragt. Wenngleich die persönliche Beziehung im Verhandlungsgespräch ausgeblendet werden sollte, so ist eine langjährige und erfolgreiche geschäftliche Beziehung im Falle der Nutzenargumentation natürlich von Vorteil. Es wird Ihnen umso leichter fallen, den Kunden von Ihrem Angebot zu überzeugen, wenn Sie bereits in einer guten Geschäftsbeziehung mit ihm stehen und er immer zufrieden war.
Herr Huber hätte etwa argumentieren können, dass Herr Gansberg doch sehr genau wisse, welche ausgezeichnete Qualität er von ihm bekomme. Er hätte ihn an frühere Projekte erinnern können: „Sie wissen, Herr Gansberg, wir leisten mehr als andere Softwareentwickler. Wir gehen auf Ihre individuellen Wünsche ein. Unsere Programme sind vor der Auslieferung ausgetestet und fehlerlos. Wir fühlen uns an Termine gebunden und halten diese ein. All das wissen Sie aus früheren Projekten.“
Preisverhandlungen immer strategisch vorbereiten
Gehen Sie niemals ohne Verhandlungsstrategie in ein Preisgespräch mit einem Kunden! Verkäufer, die in ihr Geschäft „verliebt“ sind, die den Auftrag um alles in der Welt erhalten wollen, befinden sich von Anfang an auf dem Verliererposten. Preisverhandlungen sind wie ein Wettkampf, nehmen Sie sie also sportlich. Überlegen Sie sich genau Ihre Strategie und Ihre Argumentation und, noch wichtiger, legen Sie im Vorfeld Ihre Schmerzgrenze für den Verhandlungsspielraum fest. Dann steigen Sie in den „Ring“. Machen Sie Zugeständnisse, aber nicht zu Ihrem eigenen Nachteil. Bereiten Sie unbedingt eine überzeugende Nutzenargumentation vor und erwecken Sie – ohne jeden Anflug von Arroganz – ruhig den Anschein, dass Sie auch ohne den Auftrag gut leben können.
(Bilder: Fotolia © Bertram Klehenz, © NatalyArt, © James Steidl, © blende11, © vadymvdrobot, © patgdoc)
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