Auf meine Frage nach seinem Absatzplan sagte mir kürzlich ein gestandener Unternehmer eines Handwerkbetriebes aus Köln: „Ich brauche drei bis vier Architekten“, die halten mein Geschäft am Laufen, bringen mir die Aufträge, die ich für mich mit meinen drei Gesellen brauche.“ Das Geschäft läuft mal gut, mal weniger gut – seit Jahren, reicht in der Regel zum Leben. So lange es gut geht und der Unternehmer über keine Ambitionen einer Geschäftsausdehnung verfügt, ist ja alles gut. Gefährlich wird es, wenn es auf einmal nicht mehr so gut geht. Dann steht eine fette Krise ins Haus.
Vertrieb, Vertriebssystematik oder gar ein Absatzplan sind nicht vorhanden.
In einem anderen Fall ging es um die Erstellung eines Geschäftsplanes einer Werkstatt aus Bonn. Als ich die Umsatzwerte sah, reizte ich den Unternehmer mit der Frage, wie denn diese „Hausnummern“ zustande gekommen seien? „Ich kenne das Geschäft seit Jahren. Ich habe mir die Ergebnisse der letzten Jahre angesehen und die Zahlen daraus abgeleitet.“
Es kostete mich eine Menge Überzeugungsarbeit, beide Unternehmer von dem Sinn einer Absatzplanung zu überzeugen. Aber dann erkannten sie die Chancen für ihre Firma, die sich aus ein Absatzplan birgt.
Nutzen der Absatzplanung
Können Sie sich einen Discounter ohne genaue Kenntnisse seiner Absatzzahlen vorstellen, einen Aldi oder einen Lidl, die ihre Absätze nicht minutiös planen und verfolgen? An diesen Beispielen ist schnell einzusehen, wie wichtig ein Absatzplan ist.
Anders sieht es bei dem Zwei-Mann-Betrieb eines IT-Programmierers für Internetauftritte aus. Wo liegt hier der Nutzen von einem Absatzplan? Dieser Kleinstunternehmer lebt von der Hand in den Mund. Mal zu viele Aufträge, dann liegt sein Hauptproblem in der Abarbeitung der Geschäfte. Mal Auftragsmangel, dann wird er sich eben um Aufträge bemühen – oder scheitern.
Mit dem Absatzplan entwickelt der Unternehmer gerade und auch in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) wichtige Elemente seiner Zukunftsstrategie. Oben zitierter Handwerker macht das aus dem Bauch, also Erfahrung als Strategie. Die Werkstatt aus Bonn leitet aus der Vergangenheit die Zukunft ab, eine gefährliche Strategie. Beide Konzepte können funktionieren, müssen es aber nicht. Wahrscheinlich ist, dass über kurz oder lang Geschäftseinbrüche eintreten, denen der Unternehmer dann hilflos ausgeliefert ist. Er verfügt ja über keine durchdachte Strategie. Meist ist es der Markt, also die durch Marktgegebenheiten veränderte Auftragslage, die zu solchen Geschäftseinbrüchen führt und dann das Unternehmen an den Rand der Insolvenz führt.
Absatzplan ist Sache des Vertriebes
Wie man einen Absatzplan erstellt wird im Folgenden am Beispiel eines Maler- und Tapezierer-Handwerkbetriebes dargestellt. Zunächst definieren wir typische Aufträge, also Musterprojekte.
Musterprojekt 1 | Renovierung eines Raumes |
Musterprojekt 2 | Renovierung eines Wohnung |
Musterprojekt 3 | Renovierung eines Hauses |
Sonderprojekt | Großprojekt, nur Leistungen |
Im nächsten Schritt werden die typischen Anteile von Material und Leistung ermittelt.
Musterprojekte | Anteil | Sonderprojekte | Anteil | |
Material | 25 % | Material | 0 % | |
Hilfsmittel, Kleinmaterial | 5 % | Hilfsmittel, Kleinmaterial | 5 % | |
Leistungen | 70 % | Leistungen | 98 % | |
GESAMT | 100 % | Gesamt | 100 % |
Nun geht es an die Preisfestlegung (VK) zu den definierten, typischen Musterprojekten. Nehmen wir an:
Typ | Projekt | Preis |
Musterprojekt 1 | Renovierung eines Raumes | 1.000,00 € |
Musterprojekt 2 | Renovierung eines Wohnung | 5.500,00 € |
Musterprojekt 3 | Renovierung eines Hauses | 9.000,00 € |
Sonderprojekt | nur Leistungen | 12.500,00 € |
Wir wissen, das Material kaufen wir zu 60 % vom seinem VK (Verkaufspreis) ein. Das ist wichtig für die spätere Kostenermittlung.
Das nun Entscheidende ist die Planung der Mengen. Hier zeigt der Unternehmer sein Geschäftskonzept, er legt die Strategie zur Festigung und Ausdehnung seines Geschäftes fest. In einem Folgeschritt wird daraus der Marketing- und Vertriebsplan abgeleitet und eine Vertriebssystematik festgelegt.
Absatzplan: Systematik für einen Drei-Jahres-Plan
Jahr 1 | Jan | Feb | Mär | Apr | Mai | Jun | Jul | Aug | Sep | Okt | Nov | Dez | ? |
Musterprojekt 1 | 1 | 2 | 2 | 2 | 4 | 11 | |||||||
Musterprojekt 2 | 2 | 2 | 4 | 1 | 3 | 1 | 13 | ||||||
Musterprojekt 1 | 1 | 3 | 2 | 2 | 2 | 4 | 2 | 1 | 17 | ||||
Sonderprojekte | 1 | 1 |
Jahr 2 | Jan | Feb | Mär | Apr | Mai | Jun | Jul | Aug | Sep | Okt | Nov | Dez | ? |
Musterprojekt 1 | 2 | 1 | 2 | 2 | 3 | 2 | 1 | 4 | 2 | 18 | |||
Musterprojekt 2 | 2 | 1 | 1 | 2 | 3 | 1 | 1 | 3 | 4 | 1 | 19 | ||
Musterprojekt 1 | 2 | 2 | 1 | 1 | 2 | 2 | 2 | 3 | 2 | 1 | 18 | ||
Sonderprojekte | 1 | 1 | 2 |
Jahr 3 | Jan | Feb | Mär | Apr | Mai | Jun | Jul | Aug | Sep | Okt | Nov | Dez | ? |
Musterprojekt 1 | 2 | 3 | 2 | 1 | 2 | 3 | 1 | 2 | 5 | 4 | 2 | 27 | |
Musterprojekt 2 | 1 | 2 | 1 | 1 | 2 | 4 | 2 | 1 | 3 | 4 | 1 | 1 | 23 |
Musterprojekt 1 | 1 | 3 | 3 | 1 | 1 | 2 | 2 | 2 | 4 | 2 | 2 | 23 | |
Sonderprojekte | 1 | 2 | 2 | 5 |
Personalplan und Marketing- und Vertriebsplan
Die Daten aus dem Absatzplan sind die Basis für alle weiteren Planungen. Es ist nun ein Leichtes, daraus die Umsatzplanung abzuleiten. Auch die Materialkosten stehen für die Planung fest. Über den Stundensatz werden die anfallenden Personalstunden und der Personalbedarf ermittelt, das steht im Personalplan.
Das Wichtigste aber ist, dass jetzt die Anforderungen an den Marketing- und Vertriebsplan vorliegen. Immerhin muss der Vertrieb eine Vertriebssystematik ableiten, die die Erzielung dieser Geschäfte sichert.
Bleibt nur noch zu hoffen, dass die Rechnung aufgeht, also dass die Einnahmen über den Kosten liegen. Wenn das nicht der Fall ist, dann weiß der Unternehmer, dass seine Strategie so nicht aufgeht, also wo er sein Geschäftskonzept ändern muss.
(Foto: Fotolia – © Gernot Krautberger und Fotolia – © Gina Sanders)
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