Izabela Szumska (aus Sicht der Unternehmerin) und Lambert Schuster (aus Sicht des Unternehmensberaters) führten folgenden Dialog zur Preisbildung bei der 3. Scout-Veranstaltung 2013 der Wirtschaftsförderung Münster mit 90 interessierten Teilnehmern.
Lambert Schuster:
Frau Szumska, wenn Sie diesen Kuchen betrachten, bekommen Sie dann Appetit?
Izabela Szumska:
Naja, das komm drauf an,… wenn ich Hunger habe, …. Im Moment bin ich viel zu aufgeregt und habe keinen Appetit.
LS:
Frau Szumska, Sie hatten damals Ihr Studium der Germanistik erfolgreich abgeschlossen und befanden sich in dem Hafen einer sicheren Festanstellung. Ihre Zukunft war gesichert. Wieso um alles in der Welt haben Sie sich vor drei Jahren in das Ungewisse gestürzt und WordBridge gegründet?
IZ:
Es hatte mich gereizt, mich weiterzuentwickeln und mich in der neuen Rolle als Unternehmerin zu bewähren. Etwas aufzubauen und von dieser Tätigkeit leben zu können.
LS:
… und das sagen Sie mir, einem Mann, der 40 Jahre den Komfort eines guten und gesicherten Einkommens bei Siemens genießen durfte, ohne Risiko, keine Existenznöte?
IZ:
Ich wollte einfach etwas anderes machen, wollte raus aus den Zwängen der Festanstellung. Mich reizte die Möglichkeit, ein Unternehmen aufzubauen und mich mit dem Unternehmen zu entwickeln.
LS:
Welche Ideen hatten Sie? Wovon hatten Sie beim Start von WordBridge geträumt?
IZ:
Mein Traum waren die Selbstständigkeit, die Unabhängigkeit, das Unternehmertum, der Erfolg und die Bestätigung, dass ich das kann.
LS:
Wie kam es von der Gründungsidee (Sie hatten damals einen mittlerweise über 3.000-mal gelesenen Artikel „Erfolgreiche Telefonakquise“ auf meiner Wissensdatenbank verfasst) zum Geschäftsmodell und zum Businessplan?
IZ:
Die Geschäftsidee war: Beratung zur Telefonakquise. Die Antwort ist eigentlich erst mit der Erstellung des Businessplans entstanden. Es musste ja aus der Geschäftsidee ein tragfähiges Geschäftskonzept entstehen.
LS:
Was stand damals mehr in Ihrem Fokus? Der Traum, die Idee oder die Unabhängigkeit? Und wie war es um das Geld, um die Euros bestimmt?
IZ:
Herr Schuster, ganz ehrlich, mit Geld hatte ich damals „weniger am Hut“! Mich begeisterten die Herausforderung und die eigene Gestaltung der Zukunft.
LS:
Wir wollen ja heute von Kosten und Preise reden. WordBridge ist ein Dienstleister. Welche Kosten- und Preisvorstellungen hatten Sie in der Vorphase von WordBridge?
IZ:
Das bewegte mich weniger. Die erste Frage, die sich mir gestellt hat, war: Wie komme ich an die Aufträge? Dabei konnte und wollte ich nicht gleichzeitig abschätzen, was ich für meine Dienstleistung dem Kunden abnehmen muss.
Da es mir am Anfang auch egal war, wie viel Geld ich dem Kunden berechne (Hauptsache, ich habe zu tun! Zu Preisen hatte ich mehr die Einstellung „das wird schon“), schob ich die Frage, was ich dafür nehmen soll, weit weg. Der emotionale Erfolg, nämlich am Markt wahrgenommen zu werden, akzeptiert zu werden, stand für meinen geschäftlichen Erfolg.
Aber ehrlich, auch wenn ich mit Aufträgen erfolgreich war, war das aber noch kein finanzieller Erfolg. Noch nicht so richtig.
LS:
Wie kam es dann endlich zu Ihrer Fokussierung auf die Finanzen?
IZ:
Ich wusste nicht genau, wie ich meine Preise kalkulieren sollte und was ich alles dabei berücksichtigen muss. Der Schlüssel für meinen Wandel war letztlich das Vorliegen einer transparenten Kalkulation.
LS:
Ich denke, Ihnen wurde bald klar, dass die Denke eines Angestellten mit einem sichereren Arbeitsplatz als Unternehmer nicht tragbar ist. Wie hat sich Ihr Preisgebahren für Ihre Dienstleistungen am Markt entwickelt?
IZ:
Ich bekam immer mehr Leidensdruck. Innerlich habe ich allmählich verstanden, dass es so nicht mehr weitergeht. Allmählich habe ich Angebot für Angebot die Preise angepasst.
Das Verändern der eigenen Wertmaßstäbe spielte hier eine entscheidende Rolle. Mir wurde bewusst, dass ich mehr wert bin, als ich Geld den Kunden abnahm. Nur so konnte ich die Preise auch gut argumentieren und dahinterstehen.
LS:
Ich erinnere mich an eine Phase, wo Sie arbeiten und arbeiten mussten und es um Ihre Finanzen nicht besonders gut bestellt war. Ich forderte von Ihnen, den Kunden mehr Geld abzunehmen: „Frau Szumska, wir sind hier nicht in der Caritas.“ Erzählen Sie mal, wie Sie sich wehrten, welche Argumente Sie vorbrachten, wie Sie sich aufbäumten und weshalb Sie das taten.
IZ:
Aus mir fuhr es heraus: „Herr Schuster, der Kunde hat einfach das Geld nicht!“
LS:
Ich damals: „Frau Szumska, jetzt haben Sie aber mehr Mitleid mit dem Kunden als mit sich selbst“
IZ:
Ich schleuderte Ihnen entgegen: „Aber Herr Schuster, wie soll ich denn dem Kunden das klar machen? Der kann doch nicht so viel bezahlen“
LS:
Ich entgegnete: „Überlegen Sie mal, welchen Nutzen der Kunde durch Ihr Tun hat. Sie richten ihm eine Telefonakquise ein. Das kann er nicht. Das ist nicht sein Fachgebiet. Über die Telefonakquise bekommt er Zugang zu neuen Kunden und daraus entstehen Aufträge. Der Nutzen übersteigt das, was Sie ihm abnehmen um ein Vielfaches. Weiterhin stellen Sie dem Kunden Ihr umfangreiches Wissen und Ihre Kompetenz zur Verfügung. Das muss dem Kunden was wert sein. Wollen Sie es mal versuchen mit einer Nutzenargumentation?“
IZ:
„Ja“
LS:
Frau Szumska, erzählen Sie uns bitte mal, wie das ausgegangen ist.
IZ:
Herr Schuster, es ging eigentlich ganz einfach. Als ich dem nächsten Kunden seine Vorteile, die Vorteile meines Angebotes, und die Wettbewerbsvorteile also die Vorteile meiner Dienstleistungen klarmachte, erkannte er seinen Mehrwert und seine Einsparungen. Da war er bereit, meiner Argumentation zu folgen und den Preis zu akzeptieren.
LS:
Frau Szumska, berichten Sie doch bitte mal zwei Beispiele Ihres Pricings, einen Fall, der Ihnen gut gelang …
IZ:
Es war ein neuer Kunde und ich hatte Stress, den jetzt höheren Preis zu kommunizieren. Ich hatte ein komisches Gefühl, dafür die richtigen Argumente dafür zu nennen. Aber ich tat es. Ich machte ihm klar, dass ein eigenes Call-Center immer für ihn günstiger ist als die Zusammenarbeit mit einem externen Call Center. Der Kunde spart einerseits Geld und verdient andererseits mehr Geld.
Es kam zu keinem Konflikt über den Preis. Der Kunde hatte seinen Nutzen und seinen Mehrwert erkannt. Er war sogar bereit, mich an seiner Einsparung partizipieren zu lassen. Wir hatten eine Win-Win-Situation für mich und den Kunden geschaffen!
Die Strategie der Preisargumentation war erfolgreich!
LS:
… haben Sie auch einen Fall, der Ihnen weniger gut gelang
IZ:
Ich war bei einem Kunden in Frankfurt. Der Kunde wollte die Beauftragung eines externen Call-Centers und machte einen knüppelharten Preisvergleich. Ich gelangte in die Situation der Kostenverteidigung. Er war auf die Vorteile eines eigenen Call-Centers nicht ansprechbar und wollte den Mehrwert nicht erkennen. Ich verzichtete auf den Auftrag.
Allerdings konnte ich es auf der Rückreise nach Münster beim Umsteigen im Kölner Bahnhof nicht lassen, Sie, Herr Schuster, anzurufen, um meinem Frust über den verlorenen Auftrag und die vertane Zeit freien Lauf zu lassen …
LS:
Jaja, da musste ich für Ihren Müll herhalten. Aber das sind Sie mir wert!
LS:
Frau Szumska, liebes Publikum, jetzt schauen Sie sich mal dieses Kunstwerk an. Das ist ein Kuchen, extra von Frau Grit Vaccarisi für diese Scout-Veranstaltung hergestellt. Mit solch einem Kunstwerk können Sie auf einer Feier Ihre Gäste, Kunden oder Mitarbeiter begeistern. Das kann sonst keiner! Aus diesem Kuchen entstehen, wenn Sie tatsächlich das Kunstwerk aufschneiden wollen, an die 110 Stücke. Was ist Ihnen der Kuchen wert?
IZ:
Ja, jetzt habe ich Appetit. Da ist mir der Kuchen was wert.
Publikum:
Das Publikum, jetzt entspannt und in guter Stimmung, nannte Beträge zwischen 350 € und 1.000 €!
Beiträge zur 3. Scout-Veranstaltung am 10. Dezember 2013 in Münster
Preiskalkulation zur Preisbildung: So finden Sie den richtigen Preis
Preisargumentation: Nennen Sie den Nutzen, nicht den Aufwand
Dialog mit Izabela Szumska zur Preisbildung bei Scout in Münster
Präsentation zum Download: Die hohe Kunst der Preisargumentation
(Fotos: © WFM Münster, Martin Rühle | Fotolia © dedi | © xiller | © seewhatmitchsee)